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Autonomes Fahren - Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
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473.6 Die Leitdrahtvision wird zum utopischen Leitbild Spur, vergisst beim Abbiegen nie zu blinken, beachtet alle Stoppzeichen und überholt nie in gefährlichen Kurven. Ähnlich hatte auch Lynch begründet, weshalb er mit fahrerlosen Fahrzeugen für Sicherheit warb. The Safest Place inszeniert die Vision des selbstfahrenden Autos nicht als technisch realisierbare Möglichkeit, sondern als moralisches Denkmodell. Es ist allein der Fahrer, der in diesem Film für Unfälle verantwortlich gemacht wird. Er sei für die Sicherheit viel bedeutsamer als die Technik – gerade deshalb soll er sich wie ein Automat verhalten. Der blinde Fleck des Films ist die Maschine: Sie wird nicht als Risikofaktor begriffen. Es bleibt ausgeblendet, dass Unfälle auch passieren, wenn der Fahrer keine Fehler macht. Dies ist nicht verwunderlich, denn damals war die Autoindustrie noch nicht davon über- zeugt, Sicherheitsforschung betreiben zu müssen ([37], S. 161). Visuell bringt der Film dieses Paradox der unfehlbaren Maschine eindrucksvoll auf den Punkt: Die Kamera filmt den Innenraum des Wagens von der Rückbank aus. Wie von Geisterhand dreht sich das Lenkrad, die Vordersitze sind leer. Bemerkenswert ist diese Einstellung, da sich das selbst lenkende Auto aller Fahrzeug- insassen entledigt zu haben scheint. Ihre Körper sind aus dem Wagen und aus dem Bild genommen worden. Sie sitzen nun außerhalb des Wagens im Kino, vor der Leinwand. Nur ihr Blick erlaubt es den Zuschauern, sich als visuell Reisende wieder in den Wagen hinein- zuversetzen. Damit spitzt der Film den Widerspruch zwischen Sicherheit und Freiheit auf ironische Weise zu: Ist das Auto erst sicher, wenn es leer ist? 3.6 Die Leitdrahtvision wird zum utopischen Leitbild Nicht nur literarische und filmische Fantasien kreisen um das fahrerlose Auto. Etwa zur gleichen Zeit – Mitte der 1930er-Jahre – begann die US-amerikanische Öl- und Auto- mobilindustrie gemeinsam mit Stadtplanern, Industriedesignern, Architekten, Verkehrs- wissenschaftlern und Vertretern der Politik an futuristischen Entwürfen künftiger High- ways zu arbeiten ([42], S. 2). Das automatische Fahren löste sich nun von den frühen Fernsteuerungsversuchen und avancierte unter dem Vorzeichen eines automatisierten Ver- kehrssystems zum utopischen Leitbild. Die Idee der automatisierten Straße wurde auf reale Landschaften projiziert, eine sofortige Umsetzung war aber nicht geplant. Vielmehr sollte ihre Strahlkraft dazu beitragen, das Vertrauen in den Kapitalismus wiederherzu- stellen. Viele US-Bürger hatten im Zuge der großen Depression den Glauben an den technologischen Fortschritt verloren. Die Elite der Planer war deshalb auf propagandis- tische Verstärker angewiesen, die den technischen Heilsversprechen ihren Glanz zurück- geben sollten. Bei dieser Aufgabe spielten populärwissenschaftliche Magazine wie Popular Science und Popular Mechanics eine wichtige Rolle. Sie arbeiteten stark mit Bildern, was sie zu wertvollen Quellen für bildhistorische Analysen macht. Im Mai 1938 berichtete Popular Science erstmals über den automatischen Verkehr der Zukunft [26]. Der Autor stellte die sogenannte Leitdrahtvision vor, die bis in die 1970er-Jahre kulturelles Leitbild bleiben
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Autonomes Fahren Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung
Titel
Autonomes Fahren
Untertitel
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Autoren
Markus Maurer
Christian Gerdes
Barbara Lenz
Hermann Winner
Verlag
Springer Open
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
78-3-662-45854-9
Abmessungen
16.8 x 24.0 cm
Seiten
756
Kategorie
Technik
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