Seite - (000076) - in Autonomes Fahren - Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Bild der Seite - (000076) -
Text der Seite - (000076) -
Das automatisierte Fahren im
Kontext64
Status eines Superhelden. Der körperliche Kontakt mit einem materiellen Objekt zum
Steuern – hier der Fernbedienung – garantiert, dass die Handlungsmacht des Fahrer-Sub-
jektes erhalten bleibt.
3.22 Zusammenfassung und Ausblick
Der Blick in die Bild- und Technikgeschichte des automatischen Fahrens hat gezeigt, dass
technische und bildliche Innovationen sich in einem Wechselspiel entwickelt haben. Tech-
nische Prototypen, literarische Metaphern und bildliche Imaginationen stießen sich gegen-
seitig an, entwickelten sich aber nie synchron.
Die Fernsteuerungstechnik brachte das erste fremdgesteuerte Auto auf die Straße. Das
erste wirklich selbst gesteuerte Fahrzeug entstand aber als literarische Imagination. Von
1935–1955 geht die Bildgeschichte der Technikgeschichte voran, animiert sie mit utopi-
schen Autobahnpanoramen. Ende der 1960er-Jahre entwickelt sich eine von der Technik-
entwicklung relativ autonome filmische Bildgeschichte, die dann aber ab den 1980er-
Jahren die Elektronifizierung des Fahrens direkt kommentiert. Ab 2005 scheint das auto-
nome Fahren filmisch unattraktiv zu werden, da es an der Schwelle zur Gegenwart steht.
Die kulturelle Logik des selbst steuernden Automobils entfaltet sich über den gesamten
Zeitraum hinweg zwischen Wunderbarem und Unheimlichem.
Kommen wir – um einen Ausblick zu wagen – zum Schluss auf den anfangs ange-
sprochenen Widerspruch zwischen einem fahrergesteuerten und einem selbstfahrenden
Auto zurück. Der Übergang von einer um den Selbstfahrer zentrierten automobilen Kultur
zu einer Kultur des Sich-fahren-Lassens stellt eine große Herausforderung dar. Wie wird
aus der Freude am Fahren (BMW) die Freude am Gefahren werden?
Die Automatisierung des Automobils ist nicht mit der Automatisierung anderer
Objekte der Industriekultur des 20. Jahrhunderts vergleichbar. Ein wichtiger Effekt der
Automatisierung lag in der Erleichterung körperlich mühsamer Tätigkeiten (Rolltreppe,
Fahrstuhl, Waschmaschine). Auch wenn diese technischen Transformationen eine Umstel-
lung der Wahrnehmung erforderten, kehrten sie die Logik der betroffenen Aktivitäten nicht
diametral um.
Das Lenken eines Autos ist hingegen nicht nur eine mühevolle, langweilige, anstren-
gende und gefährliche Tätigkeit. Fahren macht auch Spaß. Gerade Risiken und Gefahren
machen historisch wie auch aktuell für viele Autofahrer einen zentralen Reiz des Fahrens
aus. Der Übergang zu fahrerlosen Automobilen stellt also einen kulturellen Sprung dar, er
macht geradezu eine Neuerfindung des Automobils notwendig. Erinnern wir uns: Etymo-
logisch und historisch setzt sich der Begriff Automobil aus autos (gr.) (selbst) und mobilis
(lat.) (beweglich) zusammen. Auto-Mobil zu sein, bedeutet also selbstbeweglich zu sein.
Ob mit diesem Selbst der Fahrer gemeint ist oder das Auto, bleibt dabei grundsätzlich offen.
Deshalb ließe sich mit einigem Recht behaupten, dass das Auto mit dem autonomen Fahren
erst wirklich automobil wird.
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung