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1096.3
Mentale Modelle autonomen Fahrens
höheren Stufen der Fahrzeugautomatisierung (vgl. Automatisierungsstufen BASt, [43]) zu
beantworten sein. Die Gestaltung von Schnittstellen, geeignetes Feedback oder die Vermei-
dung von Verantwortungsdiffusion sind Themenfelder, die bereits heute in neuen Gestal-
tungskonzepten adressiert werden und auf Prototypenbasis fĂĽr hochautomatisierte Fahr-
zeuge umgesetzt wurden (vgl. z. B. [44]). Welche Lernerfahrungen, Wechselwirkungen und
Veränderungen mentaler Modelle sich jedoch langfristig durch die Nutzung dieser Systeme
ergeben, kann erst durch repräsentative, longitudinale Untersuchungen geklärt werden.
6.3 Mentale Modelle autonomen Fahrens
6.3.1 Was sind mentale Modelle?
Als mentale Modelle werden kognitiv-emotionale Repräsentationen von Objekten, Objekt-
beziehungen und Prozessen – kurz: innere Repräsentationen der externen Welt – bezeichnet.
Der Begriff des mentalen Modells wurde erstmals von dem Psychologen Kenneth Craik [45]
verwendet, der die Annahme formulierte, dass Menschen in ihrem Geist vereinfachte
Modelle über die Funktionen und Abläufe ihrer Umwelt entwickeln. Die Modelle dienen der
Orientierung, dem Verständnis, dem Schlussfolgern sowie der Vorhersage von Ereignissen.
Craiks Ansatz der mentalen Modelle wurde später von Johnson-Laird [46] zur Beschreibung
und Untersuchung von schlussfolgerndem Denken und Sprachverstehen weiterentwickelt.
In der Literatur der Kognitionspsychologie besteht weitgehend Konsens darĂĽber (vgl.
[47]), dass mentale Modelle dynamischer Natur sind und sich durch drei zentrale Eigen-
schaften beschreiben lassen.
1. Mentale Modelle werden im Arbeitsgedächtnis erstellt und ermöglichen Individuen,
Handlungsmöglichkeiten und ihre Folgen zu simulieren [1]. Denken ist somit die
Manipulation von mentalen Modellen.
2. Mentale Modelle können Ursache und Wirkungszusammenhänge repräsentieren.
Sie generieren ein kausales Verständnis darüber, wie Systeme funktionieren [48].
3. Mentale Modelle können sich durch Erfahrungen im Verlauf der Zeit verändern –
d. h., sie sind lernfähig.
Die Qualität der Modelle und die der darauf basierenden Schlussfolgerungen entwickeln
sich durch spezifische Lernerfahrungen weiter [49]. Mit zunehmender Expertise entwickelt
sich das Verständnis von Sachverhalten von konkreten hin zu abstrakten Repräsentationen
– ein für die Mensch-Maschine-Interaktion relevanter Aspekt.
In den angewandten Forschungsbereichen wie der Technikgestaltung herrschen teil-
weise unterschiedliche Auffassungen ĂĽber die Definition mentaler Modelle (vgl. [1]), die
durch unterschiedliche Aufgabenkontexte erklärbar sind. Dennoch haben bereits frühere
Arbeiten die Bedeutung des Konzeptes zur Vorhersage und zum Verständnis menschlichen
Verhaltens im Umgang mit technischen Systemen verdeutlicht (vgl. z. B. [50]). Mentale
Autonomes Fahren
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