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Autonome Fahrzeuge und autonomes Fahren aus Sicht der
Nachfragemodellierung250
12.4.4 Das Vehicle-on-Demand – Zipcar on Steroids?
Ein Szenario, das von einer insbesondere in urbanen Räumen in weiten Teilen für jeder-
mann verfüg- und nutzbaren Flotte an Fahrzeugen ausgeht, würde sicherlich die weitrei-
chendsten Auswirkungen auf das tägliche Verkehrsverhalten implizieren. Als konsequente
Weiterführung des vollautomatisierten Fahrzeuges, jedoch ohne Übernahme einer Fahr-
funktion, ermöglicht es die individuelle, unabhängige Mobilität auch für Personen ohne
Führerschein und eigenen Pkw: Kinder, Alte, Mobilitätseingeschränkte, sensorisch Beein-
trächtigte etc. (vgl. u. a. [19]).
Generell ist davon auszugehen, dass das Individualfahrzeug durch die damit gleichzeitig
einhergehende Senkung der Zu- und Abgangszeiten insbesondere in Gebieten mit Stell-
platzproblematik an Attraktivität gewinnen wird. Neben einer denkbaren Senkung der
Parkkosten durch die Möglichkeit, das Fahrzeug auch in weiterer Entfernung zum eigent-
lichen Zielort abzustellen, ist mit einer deutlichen Verringerung sogenannter Bring- und
Holwege sowie der Nutzung von Fahrdiensten und Taxis zu rechnen – eventuell bei gleich-
zeitiger Zunahme der Leerfahrten.
Als Folge der Einführung von Vehicle-on-Demand-Flotten wird gleichzeitig unisono
eine substanziell niedrige Autobesitzquote erwartet [19], [37], die mit einem Boom des
Carsharing einhergehen könnte: Silberg et al. (2012) sprechen mit Verweis auf das aus den
USA stammende Carsharing-Unternehmen gar von „Zipcar on Steroids“ [30]. Insbesondere
bei Zweitwagen erscheint es plausibel, dass diese durch entsprechende Angebote abgelöst
würden, die gleichzeitig eine Anpassung des gewählten Fahrzeuges an die situative Be-
förderungs- und Parksituation oder auch an Wetterbedingungen ermöglichen (vgl. [17],
[37]).
Dass von einer substanziellen Wirkung auf den individuellen Pkw-Besitz ausgegangen
werden kann, erwarten Fagnant und Kockelman (2013): Gemäß ihrer Simulationsrechnun-
gen für die USA könnte ein einzelnes Vehicle-on-Demand bis zu 13 private Pkw substitu-
ieren [11]. Arbeiten zum stationsgebundenen Carsharing beziffern die Substitutionsraten
auf bis zu acht durch ein einzelnes Carsharing-Auto ersetzte private Pkw in Deutschland
[15]. Da ein Vehicle-on-Demand durch den Wegfall des Zugangsweges einen größeren
Einzugsbereich abdecken könnte, erscheinen diese Abschätzungen durchaus nicht unrea-
listisch. Ein Blick auf die Nutzerstruktur bestehender Carsharing-Angebote gibt erste Hin-
weise auf die potenziellen Nutzer von Vehicle-on-Demand-Angeboten: Insbesondere jün-
gere Personen mit überdurchschnittlicher Bildung und Einkommenssituation sowie einem
ausgeprägten Interesse an ökologischen Themen nutzen in Deutschland stationsgebundene
Carsharing-Angebote; die noch recht neuen stationsungebundenen Angebote werden vor
allem von urbanen, männlichen Nutzern als flexible Verkehrsmitteloption bei kürzeren
Wegen eingesetzt (vgl. [13], [14]). Die Nutzung von Vehicle-on-Demand-Angeboten als
Alternative zum eigenen Pkw könnten so direkt zur Förderung eines multimodalen Ver-
kehrsmittelwahlverhaltens oder zu einem Anstieg von Fahrgemeinschaften beitragen (vgl.
[26]). Insbesondere vor dem Hintergrund einer positiver beurteilten Zeit im Fahrzeug ist
jedoch auch ein Anstieg der Pkw-Nutzung und -Fahrleistung im Zuge der omnipräsenten
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
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