Seite - (000376) - in Autonomes Fahren - Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Bild der Seite - (000376) -
Text der Seite - (000376) -
36317.4
Aussagekraft möglicher Prognosen auf der Basis von Unfalldaten
zählen beispielsweise Kollisions- (EBA – Electronic Brake Assist, ACC mit FCWS –
Adaptive Cruise Control mit Forward Collision Warning System), Fahrstreifenwechsel-
(LCA – Lane Keep Assist), Fahrstreifenverlassens- (LDW – Lane Departure Warning),
Nachtsicht- (NV – Night Vision) oder Kreuzungsassistent. Andere greifen in die Längs-
oder Quer
dynamik ein, wie der elektronische Bremsassistent (EBA) oder eine automa-
tische Notbremse (ANB/AEB Autonomous Emergency Brake) (s. Abb. 17.3).
17.4.2.1 Studie zum Potenzial von Lane Departure Warning
Eine Vorgehensweise, Verkehrsunfälle gemeinsam mit Ärzten, Psychologen und Entwick-
lungsingenieuren zu analysieren, wurde 2006 am Beispiel eines Lane-Departure-Warning-
Systems (LDW) vorgestellt [24]. Die unter Beteiligung des Verfassers, eines Psychologen
und eines Funktionsentwicklers erzielten Ergebnisse beruhten auf einer interdisziplinären
Forschungsgemeinschaft zwischen einem Automobilhersteller, einer Universitätsklinik
und der Polizei mit UnterstĂĽtzung durch das Bayerische Staatsministerium des Innern, fĂĽr
Bau und Verkehr (BStMI).
Derartige interdisziplinäre Ursachen- bzw. Unfallfolgenanalysen umfassen die Betrach-
tung der technischen, medizinischen und psychologischen Details durch Fachleute des
jeweiligen Gebiets mit anschlieĂźender gemeinsamer Integration aller Ergebnisse. So wer-
den heute bei einer Verkehrsunfallanalyse vermehrt verkehrspsychologische Unfalldaten
erhoben, die das Erleben vor einer Kollision aus der Sicht des Fahrers mithilfe standardi-
sierter Interviews erfassen und bewerten. Der technisch rekonstruierte Unfallhergang wird
durch die verkehrspsychologische Sichtweise ergänzt.
In Abstimmung zwischen den Fachteams wurde am Beispiel von Lane Departure
Warning dargelegt, welche Voraussetzungen fĂĽr die Auslegung in der Fahrzeugentwicklung
zu treffen sind. Gezielte Fragestellungen aus der technischen Entwicklung filtern die
gruppierten Unfälle. Damit lassen sich Aussagen über Unfall
vermeidungspotenziale fĂĽr in
der Entwicklung befindliche Systeme treffen. Bedingung ist die Kenntnis der spezifischen
technischen Systemgrenzen. DarĂĽber hinaus sind Empfehlungen fĂĽr weitere System-
erweiterungen möglich [24].
Fazit: Anhand dieser detaillierten Unfallanalysen zeigt sich der Nutzen einer umfassen-
den Unfalldatenerfassung. FĂĽr diese Studie waren Experten fĂĽr Technik, Medizin und
Psychologie eng vernetzt. Diese interdisziplinäre Vorgehensweise liefert zahlreiche zusätz-
liche Hinweise ĂĽber Fahrzeugdetails, Unfallstelle, Unfallbeteiligte, Verletzungsmuster und
Zeugenaussagen. Die Zusatzinformationen geben Aufschluss ĂĽber Lenk- und Brems-
eingriffe sowie Reaktionen unmittelbar vor der Kollision, da bei einem Abkommen von der
Fahrbahn menschliche Fehler wie MĂĽdigkeit, Unaufmerksamkeit oder Ablenkung die
Hauptursache darstellen. Verschiedene Blickwinkel eines interdisziplinären Teams ermög-
lichen eine realitätsnahe Rekonstruktion und computergestützte Simulation des Unfall-
geschehens. Um daraus repräsentative Ergebnisse zu ermitteln, ist jedoch ein Abgleich mit
größeren Unfalldatensammlungen notwendig.
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
Gefördert durch die Daimler und Benz Stiftung