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Spezielle Rechtsfragen autonomen Fahrens
nicht selbst, sondern mithilfe des autonomen Steuerungssystems das Fahrzeug geführt zu
haben. Will man entsprechende Schutzbehauptungen ausschließen, wird man sowohl zur
produkthaftungsrechtlichen Absicherung des Herstellerinteresses als auch zur Erbringung
des Nachweises im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenrechtes kaum umhin kommen, eine
Aufzeichnung von Daten bei der Fahrzeugsteuerung – mindestens während autonomer
Steuerungsdauer – in Erwägung zu ziehen. Die Möglichkeit hierzu erscheint unter dem
Aspekt des Datenschutzes zunächst nicht ausgeschlossen, sofern die Daten im Fahrzeug
verbleiben, das Transparenzgebot gewahrt wird und die Datenverarbeitung nur im erfor-
derlichen Umfang erfolgt, Daten mithin beispielsweise nur im Fall eines Unfallschadens
dauerhaft gespeichert würden. Darüber hinaus ist eine Einschränkung der Datenaufzeich-
nung auf die Zeitdauer maschineller Steuerung in Erwägung zu ziehen, was dem Gebot der
Datensparsamkeit (§ 3a Bundesdatenschutzgesetz), das sich im Übrigen gleichermaßen aus
dem Verhältnismäßigkeitsprinzip jeder Datenverarbeitung ergeben wird, genügen sollte.
Hierdurch würde auch die Aufzeichnung von Verhaltensdaten zur Fahrzeugsteuerung durch
den Fahrer weitgehend vermieden. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfte allerdings auch
der Übergang zwischen den von Fahrern gesteuerten und maschinell gesteuerten Fahrab-
schnitten. In diesem Übergangsbereich könnte eine Datenaufzeichnung von besonderer
Bedeutung sein, allerdings würde es sich zugleich eindeutig um Daten handeln, die auf den
Fahrer bezogen sind. Insoweit wäre in einem ersten Schritt zu klären, welcher Aufzeich-
nungsumfang einer vom Fahrer gesteuerten Fahrt zur Absicherung gegen nachträgliche
Schutzbehauptungen erforderlich wäre.
25.6.3.2 Der Stand von Wissenschaft und Technik beim autonomen Fahren
Produkthaftungsrechtlich erscheint für den Laien der Haftungsausschluss für Fehler im
Zusammenhang mit maschineller Fahrzeugsteuerung von Interesse, die nach dem Stand
von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt des In-Verkehr-Bringens nicht erkannt
werden können. In diesem Zusammenhang des Produkthaftungsrechtes ist zunächst erneut
auf die insoweit bereits in Abschn. 25.5.1 diskutierte Frage hinzuweisen, wonach im Be-
reich des Straßenverkehrs möglich erscheint, dass Risiken, die sich im Unfallgeschehen
verwirklichen, auch auf das heutige Verkehrssystem als relevante Ursache zurückzuführen
sein könnten (und nicht in allen Fällen auf das Steuerungsverhalten – von Fahrern oder
Maschinen gleichermaßen). Diese Frage ist grundlegend und bedarf vorrangig der Beant-
wortung, um nicht auf das Vorliegen von (vermeintlichen) Produktfehlern als relevanter
Ursache rückzuschließen.
Soweit der Haftungsausschlussgrund nach dem Stand von Wissenschaft und Technik
aber betroffen ist, muss berücksichtigt werden, dass dieser Ausschlusstatbestand in der
Praxis von ausgesprochen geringer Bedeutung ist: Ob eine Gefahr nach dem Stand von
Wissenschaft und Technik nämlich tatsächlich erkennbar war, ist in zwei Schritten zu
prüfen: Zunächst ist zu bestimmen, ob der Fehler für irgendeinen Wissenschaftler oder
Techniker auf der Welt erkennbar war. Wenn er es war, ist die Berufung auf den Ausschluss-
tatbestand noch nicht ausgeschlossen, weil es dann noch auf die objektive Zugänglichkeit
dieser Erkennbarkeit für den Hersteller ankommt. Ausdrücklich zu berücksichtigen sind
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
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