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Gesellschaftliche Risikokonstellation für autonomes Fahren – Analyse,
Einordnung680
herangezogen werden kann und sollte (s. Kap. 28 und auch Abschn. 30.3). Insofern in
diesem Vergleich das autonome Fahren deutlich und unzweifelhaft besser abschneiden
würde (also mehr Sicherheit, weniger Unfallrisiken), wäre dies ein ganz wichtiger Punkt
der gesellschaftlichen Risikobewertung.
Zu bedenken ist auch, dass die Risiken des autonomen Fahrens überschaubar in mehr-
facher Hinsicht erscheinen. Technikbedingte Unfälle dürften mit einer gewissen Wahr-
scheinlichkeit eintreten, die durch eine intensive Testphase minimiert, aber nicht eliminiert
werden kann. Ihre Folgen wären, anders als etwa bei der Kernenergie, sowohl in räumlicher
und zeitlicher Hinsicht (vgl. Endlagerproblem hoch radioaktiver Abfälle) als auch in Bezug
auf die Zahl der involvierten Menschen und die betroffenen Werte überschaubar. Eine
GAU-Problematik liegt nicht vor.
Zu einem guten Teil neu ist die mit der Automatisierung des Fahrens möglicherweise
verbundene digitale Vernetzung mit all den Folgen für mögliche systemische Risiken,
Verletzlichkeit, Datenschutz und Überwachung. Diese werden sicher wichtige Themen
einer gesellschaftlichen Debatte auch zum autonomen Fahren sein. Da jedoch diese
Herausforderungen auch in einer Vielzahl anderer Handlungsfelder auftreten (zunehmend
auch bereits heute bei nicht-autonomen Fahrzeugen), dürften sich daraus kaum spezifische
Risikobefürchtungen zum autonomen Fahren entwickeln.
Ein Sonderfall ist die betriebliche Risikobewertung durch die Hersteller (s. Abschn.
30.3.3), sowohl was den erwarteten Return on Investment als auch mögliche Reputations-
probleme durch Unfälle im Betrieb beinhaltet. Die betriebliche Bewertung muss hierbei
zwangsläufig mit extrem unsicheren Annahmen arbeiten, etwa über die Skandalisierungs-
bereitschaft von Massenmedien und über die Auswirkungen von Skandalisierungen. Hier
kann es in beiden Richtungen zu Fehlwahrnehmungen kommen: übertriebene Sorge oder
naive Zuversicht. Es ist jedenfalls zu erwarten, dass in einer gesellschaftlichen Perspektive
mögliche Skandalisierungen nicht der Technologie des autonomen Fahrens abstrakt,
sondern der jeweilig betroffenen Marke konkret angelastet würden. Das mag zwar für die
betroffene Marke kein Trost sein; es weist jedoch darauf hin, dass – jedenfalls solange die
Nutzen des autonomen Fahrens fraglos anerkannt sind – dieser Problemtyp sich nur auf den
Wettbewerb der Hersteller untereinander, nicht aber auf das autonome Fahren als Techno-
logie auswirken würde. Und das ist bei anderen Technologien bereits heute der Fall.
In der Gesamteinschätzung stellt sich die gesellschaftliche Risikokonstellation als ten-
denziell entspannt dar. Sie ist nicht zu vergleichen mit Gentechnik und Kernenergie: Es
besteht keine GAU-Problematik, der Nutzen ist klar erkennbar, die Einführung erfolgt über
einen Markt und nicht über Verordnung „von oben“. Und sie würde vermutlich nicht durch
„Umlegen eines Schalters“ von heute auf morgen, sondern allmählich erfolgen.
30.5.2 Risiko und Akzeptanz
Akzeptanz (s. Kap. 29) kann nicht „hergestellt“ werden, wie das gelegentlich erwartet wird,
sondern sie kann sich nur „einstellen“ (oder auch nicht). Dieses „sich Einstellen“ hängt von
Autonomes Fahren
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