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Fazit
vielen Faktoren ab, die teilweise durchaus beeinflussbar sind. Grob gesprochen, hängt die
gesellschaftliche wie individuelle Akzeptanz stark von der Wahrnehmung von Nutzen wie
von Risiken ab. Dabei ist entscheidend, dass die erwarteten Vorteile nicht nur abstrakte
volkswirtschaftliche Daten beinhalten, sondern auch konkrete Vorteile für diejenigen
darstellen, die die neuen Technologien nutzen. Hinzu kommt die Möglichkeit der Einfluss-
nahme auf die Exposition gegenüber Risiken [9]. Akzeptanz fällt üblicherweise erheblich
leichter, wenn die individuellen Personen selbst die Entscheidungshoheit haben (z. B. Ski
zu fahren), als wenn die Personen von externen Instanzen den Risiken ausgesetzt und damit
in gewisser Weise „fremdbestimmt“ werden.
Wichtig für die Akzeptanz angesichts von Risikobefürchtungen ist auch, dass Nutzen
und Risiken (einigermaßen) gerecht und nachvollziehbar verteilt sind (das war das Haupt-
problem in der Gentechnikdebatte, s. Abschn. 30.4.1). Geradezu entscheidend ist, dass die
relevanten Institutionen (Produzierende, Betreibende, Regulierende, Überwachungs- und
Kontrollinstanzen) Vertrauen genießen und dass nicht der Eindruck eines „Durchdrückens“
zulasten der Betroffenen mit ihren Risikobefürchtungen entsteht. Dazu muss die Kommu-
nikation über mögliche Risiken in einer offenen Atmosphäre verlaufen – nichts ist massen-
medial verdächtiger als zu behaupten: Risiken gibt es nicht, und wir haben alles unter
Kontrolle. Sorgen und Fragen müssen ernst genommen werden und dürfen nicht a priori
als irrational vom Tisch gewischt werden. Für all dies ist frühzeitige und offene Kommu-
nikation mit relevanten gesellschaftlichen Gruppen und in der massenmedialen Öffentlich-
keit wichtig und, wo angebracht, auch im Sinne einer „partizipativen Technikgestaltung“.
Manches spricht dafür, dass für die Akzeptanz des autonomen Fahrens eher die Nutzen-
erwartungen als die Risikobefürchtungen entscheidend sind. Immerhin ist Autofahren
eine fast vollständig akzeptierte Technologie, obwohl es in Deutschland jährlich über
3000 Verkehrstote gibt. Im Gegensatz etwa zur Kernenergie erscheinen mögliche
Schadensfälle von zeitlich und räumlich begrenzter Reichweite. Andere gesellschaftliche
Risiken (z. B. Überwachung, s. Abschn. 30.3.3) sind eher abstrakt, während die erwarteten
Vorteile teils sehr konkret sind. Die Gegenüberstellung „abstract social gain – concrete
human loss“ (s. Kap. 27) sollte daher gerade umgekehrt vorgenommen werden: abstrakte
Risiken wie Abhängigkeit von komplexen Technologien oder Probleme mit dem Daten-
schutz versus konkrete individuelle Vorteile hinsichtlich Sicherheit und Komfort. Eine
Risikofokussierung würde daher vermutlich am Kern der Herausforderung vorbeiführen:
Entscheidend scheinen eher die Nutzenerwartungen zu sein.
Dies gilt natürlich nur, weil die Risikobewertung keine dramatischen Befunde ergeben
hat. Vielmehr stellt die Risikokonstellation des autonomen Fahrens eher ein business as
usual im technischen Fortschritt dar – sicher mit seinen Ambivalenzen und gesellschaft-
lichen Risiken, aber auch mit den Möglichkeiten, damit vernünftig und zivil umzugehen.
Insbesondere die voraussichtlich allmähliche Einführung des autonomen Fahrens und die
damit verbundenen Chancen des Lernens und Verbesserns in Verbindung mit der Ab-
wesenheit von Risiken des „GAU-Typs“ relativieren die Bedeutung von Risikofragen in
der weiteren Debatte zum autonomen Fahren wie z. B. zum Arbeitsmarkt oder zu Ge-
rechtigkeitsfragen. Statt einer Risikofokussierung erscheint es angebracht, Elemente und
Autonomes Fahren
Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte
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