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Der Bader
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Abb. 18 (l.) : Aderlass ; Miniatur aus dem Luttrell-Psalter, um 1340.
Abb. 19 (r.) : Ansetzen von Schröpfköpfen, Schwitzbank, Badequast ; kolorierter Holzschnitt aus einer böhmischen
medizinischen Handschrift, um 1500.
Einerseits beliebter, andererseits schonender war das Schröpfen, weil dabei weniger Blut
entzogen wurde. Die Schröpfköpfe, auch »Hörnlin« genannt, kleine Gefäße aus Keramik,
Glas oder Metall, wurden erwärmt, so dass beim Aufsetzen ein Unterdruck entstand und
sie sich leichter an der Haut festsaugten, die vorher an der betreffenden Stelle mit einem
Messer geritzt worden war. Die Köpfe, gefüllt mit etwas Blut, fielen von selbst ab oder
wurden abgelöst. Die Wärme der Badestube erweiterte die Blutgefäße und erleichterte
das Abzapfen des Blutes. »Das Schröpfen wirkt nicht nur blutentziehend, sondern auch
ableitend, krampflösend und krampfstillend« (Jütte). Im Durchschnitt ließ man sich vier
bis fünf Schröpfköpfe ansetzen, einmal bis mehrere Male im Jahr. Da das Schröpfen in
der Regel nicht im Badepreis inbegriffen war und der Bader nach der Zahl der gesetzten
Köpfe bezahlt wurde, tat er manchmal des Guten zu viel, was mit einer Ohnmacht des
Geschröpften enden konnte. Unmäßiges Aderlassen war allerdings häufiger als übertrie-
benes Schröpfen. Nicht umsonst gibt es die sprichwörtlichen Redensarten, dass jemand
zur Ader gelassen oder geschröpft wird, wenn man meint, er wird übervorteilt.107
In der Badstube entfaltete der Bader auch seine medizinische Tätigkeit, unterstützt
von versierten Badknechten : Zahnwässer wurden verabreicht, Zähne gezogen, von Ka-
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Untertitel
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Autor
- Robert Büchner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute