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Das Badewesen bis ins 16. Jahrhundert
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nach dem Bad in einer eigenen Trinkstube, die sich fast immer wie in Eberbach150 und
in Rattenberg (s. u.) im Obergeschoss des Badhauses befand. Dort haben der Bader
und seine Frau den Gästen Wein151 und Gebäck oder Brot mit Beilagen (Speck, Wurst,
Käse), vielleicht auch Milchsuppe, Brei, Mehlspeisen und andere Gerichte (die Küche
war ja nahe) serviert, ein erfreulicher Nebenverdienst. Mag auch keine Quelle direkt
den Bader mit dieser Tätigkeit erwähnen, so ist das doch viel wahrscheinlicher als die
Annahme, die Badbesucher und -besucherinnen hätten selbst eine Jause und vielleicht
auch den Wein mitgebracht. Das dürfte zwar in Einzelfällen vorgekommen sein, war
aber sicher nicht die Regel.
1.7 Badebordelle
Guarinoni erkannte durchaus den Nutzen des Badens für Hygiene und Gesundheit an,
warnte aber eindringlich die Ehemänner und Väter davor, ihre Frauen und Töchter ins
öffentliche Bad zu lassen. Kein ehrliches Weib, kein Mädchen sollte ins gemeine Bad
gehen, weil dort nur Bubenwerk, Unzucht und Schamlosigkeit herrschten, die Frauen
Ehre und Zucht, die Mädchen ihre Unschuld verlören. Etliche Badmeister vermieteten
die Betten, die zum Ruhen nach dem Bad dienen sollten, gegen Geld und machten sie
so zu »bübischen unnd hürischen Ligerstätten«, andere hielten sich »schöne Metzen
und Baddürnen darzu, welche die Badenden reiben, zwagen unnd zu Uppigkeit anzün-
den etc.«, ja wieder andere liehen gar die eigene Frau für so schändliche Dinge her. Das
Päperle-Bad in Böhmen
– den Ort nennt er nicht
– sei zu seiner Zeit in ganz Böhmen
und Österreich »von so schöner Badzucht beschreyt« gewesen.152
Guarinoni war nicht der Einzige, der sich über laszives Gebaren und Unzucht in Bä-
dern entrüstete. Schon anderthalb Jahrhunderte vor ihm beklagte der Arzt und Gelehrte
Giovanni Michele Savonarola († 1468), die Schwitzbäder seien nun bei den Italienern
zu lupanaria (Bordellen) verkommen,153 der bereits erwähnte Ryff behauptet in seiner
»Badenfart« (1549), in einigen deutschen Ländern, besonders in niederländischen Städ-
ten seien die Badstuben hauptsächlich der Unkeuschheit wegen erbaut worden, so dass
darin mehr Mutwillen und Schande geübt werde als in den öffentlichen Frauenhäusern,
Ulrich von Hutten rügt 1521 an den (Würzburger) Domherren, sie verbrächten oft
ganze Nächte voll Prasserei mit ihren schönen Metzen im Bad,154 das zur Zeit des Kon-
stanzer Konzils entstandene satirische Lehrgedicht »Des Teufels Netz« stellt lakonisch
fest : »Der bader und sin gesind / Gern huoren und buoben sind«.155
Dass es sich hier nicht nur um ein gängiges literarisches Thema handelt, lässt sich
leicht zeigen, besonders an Burgund, Frankreich, England, den Niederlanden. Mit der
Zunahme der öffentlichen Bäder im Spätmittelalter wuchs offensichtlich auch die
Zahl der Badebordelle an. Sie fanden sich z. B. in Besançon, Dijon, Mâcon, Nevers,
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Untertitel
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Autor
- Robert Büchner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute