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2. Das Badewesen vom 16. bis zum 19. Jahrhundert
W annenbäder schoben sich im 16. Jahrhundert mehr und mehr in den Vor-
dergrund und drängten das gemeine Schwitzbad allmählich zurück, bis es
im 17. und 18. Jahrhundert ganz oder fast ganz von der Bildfläche ver-
schwand. Zählte Wien im Mittelalter 21 Badestuben, waren es 1534 noch elf, Anfang
des 18. Jahrhunderts lediglich sieben. Speyer, das im 14. Jahrhundert neun öffentliche
Bäder hatte, besaß im 17. Jahrhundert nur noch eins. Ähnlich in Frankfurt am Main.
Um 1500 gab es dort 15 städtische Bäder, 1555 nur noch zwei, die letzte Stube stellte
1809 ihren Betrieb ein.175 Zwar sah es nicht überall so schlimm um das Überleben der
Schwitzbäder aus,176 doch der Trend zu ihrem Untergang zeigte sich in fast allen grö-
ßeren und mittleren Städten. Die vornehmen Leute mieden sie. Eine Dame solle zu
Hause baden, nur »Weibesbilder von schlechtem Stande« besuchten noch das gemeine
Bad, verkündete das Leipziger Frauenzimmerlexikon von 1715.177
In der Tat ließ sich das Volk von der lieb gewordenen Gewohnheit, man mochte ge-
gen das Baden sagen was man wollte, nicht abbringen. Es war ihm zum unerlässlichen
Bedürfnis geworden. Die städtischen Unterschichten und vor allem die Landbevöl-
kerung hielten an den Dampfbädern fest, sie überdauerten in kleinen Städten bis ins
18. Jahrhundert, auf dem Lande noch länger.178 Die vier Haller Bäder z. B. schlossen
erst um 1760, 1770 und 1800,179 also zu einer Zeit, als andernorts unter geänderten
Voraussetzungen bereits neue Bäder entstanden.
Man hat Gründe für den Niedergang geltend gemacht, die das Problem nur zum Teil
oder gar nicht betreffen. Ein moralischer Druck der (protestantischen) Kirche, der, wie
behauptet, das Ende der Bäder besiegelt hätte, lässt sich nicht nachweisen.180 Zwar trug
eine Verknappung und Verteuerung des Brennholzes im 16. Jahrhundert dazu bei, dass die
Eintrittspreise stiegen und die Badetage von durchschnittlich drei auf einen verringert wur-
den, doch der Besucherschwund war schon vorher eingetreten.181 Zudem machte sich eine
wahre Explosion der Brennholzpreise erst Ende des 16. Jahrhunderts bemerkbar.182 Der
Dreißigjährige Krieg hat sicherlich Deutschland schwer verwüstet, aber der Rückgang der
Bäder ist nicht seine unmittelbare Folge. Außerdem wurden zerstörte Bäder wieder aufge-
baut, z. B. 1660 in Allensbach um 300 Gulden, wenn die Gemeinde das Bedürfnis danach
hatte. Leipzig leistete sich gar nach dem großen Krieg ein gewölbtes schönes Badhaus aus
Stein mit Kupferwannen und Zubern, deren jede (jeder) frisches Wasser aus einem eigenen
Messinghahn erhielt. Andere Badstuben befanden sich an der Thomaser Pforte.183
Dass zu Zeiten der Pest und anderer Seuchen die Ansteckungsgefahr in Badhäusern
besonders groß war und es sich deshalb empfahl, sie wenigstens zeitweise zu schließen,
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Untertitel
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Autor
- Robert Büchner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute