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3. »Gemainer Stat Pad« zu Rattenberg
D as heute noch erhaltene Badhaus zu Rattenberg liegt am Inn und stieß einst
direkt an die westliche Seite des Brückentors. Als 1416 Herzog Ludwig VII.
der Bärtige von Bayern-Ingolstadt mit der Stadt eine Übereinkunft über
notwendige Straßen- und Befestigungsbauten traf, verfügte er, dass auf das Brückentor
ein großer Turm (mit gedecktem Wehrgang auf der Mauer) zu setzen sei. Man nimmt
an, dass damals schon das Bad existiert hat oder errichtet wurde,233 zumal seine nörd-
liche234 Mauer zum Inn die beachtliche Wandstärke von gut 100 cm hat und wohl ein
Teil der Stadtmauer ist.235 Das Bad ist ein zweigeschossiger, nicht unterkellerter Mas-
sivbau ländlicher Bauweise, mit einem Satteldach236 und einem gotischen Birnstabpor-
tal.237 1547 wurde es hinten mit Schiefersteinen versehen (»verreicht«).238 Die Räume
im Erdgeschoss dienten dem Badebetrieb (Vorhäusl, Männer- und Frauenbadestube,
Heizraum), im Obergeschoss befand sich die Wohnung des Baders mit einer Stube,
drei Kammern, einer Küche und einem Speisegewölbe.239
Wer in Rattenberg ins Badhaus ging wird nirgends aufgezählt. Wie in Hall werden
es vor allem Handwerker mit ihren Frauen gewesen sein, gewiss auch die einen oder
anderen besser gestellten Bürger und Bürgerinnen, Bauern aus der Umgebung, die kein
eigenes »Badl« hatten, zudem Knappen und Arbeiter der umliegenden Berg- und Hüt-
tenwerke, anscheinend auch die städtische Geistlichkeit (Vikar, Mönche).
3.1 Vorhäusl und Umkleideräume
Man betrat das Bad von Süden durch das gotische Portal. Dahinter öffnet sich ein 3,70
m breiter Vorraum, der auch als Wärmeschleuse diente und durch eine Mauer in zwei
Räume geteilt ist. Durch eine Tür in der Mauer kam man links in den kleineren (nur
4,50 m langen) westlichen Teil des »Vorhäusls«, wie der Vorraum genannt wurde. Er
stellte die »Abziechstube« der Frauen dar und enthielt den Eingang zur Frauenbade-
stube, die durch eine starke Mauer (mit Gewölbe tragenden, eingemauerten Säulen)
von der Männerstube getrennt war. Ein »Türl« in der »Schidwand«240 ermöglichte dem
Badepersonal den Wechsel von einer Badestube in die andere.
Am 12. Juni 1573 beschloss der Rat, »im pad ain abziech stibl den frawen zuma-
chen«. Zu diesem Zweck solle der an das Bad
– wohl im Westen
– anstoßende hölzerne
Schusterladen abgebrochen, an dieser Stelle aus dem Bad oder Vorstübl mit einer
Mauer herausgefahren und dadurch der Raum erweitert werden, damit sich die Frauen
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Untertitel
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Autor
- Robert Büchner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute