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»Gemainer Stat Pad« zu Rattenberg
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zugemacht und ein neues Pflaster gelegt wurde.334 Aber die Schwierigkeiten mit der
Wasserzuführung scheinen nicht behoben worden zu sein. 1579 wurden zwei Brunnen-
säulen in das Bad und in den »Taillstockh« (Teilungsstock) beim Brückentor eingesetzt,
Röhren in das Männerbad gelegt, im Bad die Mauer durchbrochen, das Pflaster aufge-
hoben, damit man mit den Röhren zu der Säule beim Brückentor kommen konnte. Im
Bad machte man danach das Pflaster wieder zu.335 Offensichtlich stand beim Brücken-
tor ein großer Brunnenstock, von dem man Wasser in das Männerbad abzweigte.336
Das Pflaster über den Röhren in der Badstube machte durchaus einen Sinn, brauchte
man doch so nicht den ganzen Holzboden aufreißen, wenn die Röhren verstopft oder
verfault waren. Die Wasserleitung und das Pflaster darüber dürften entlang einer Wand
verlaufen sein, an der vermutlich auch das Brunnenbecken stand.
3.3 Die Trinkstube
Badhäuser waren nicht nur Orte der Gesundheit, Hygiene und Erholung, sondern
auch der Begegnung, Unterhaltung, des Trinkens und Essens. Zwar lassen sich, wie
oben erwähnt, in städtischen Bädern Gesellschaftsräume nur selten archäologisch oder
schriftlich nachweisen, doch für Rattenberg gelingt das. »Der Stefflin und der andern
gwandthu reyberin von den poden auf der trinckstubn337 zu waschen 30 kr.« bezahlt,
vermerkt der Baumeister kurz in seiner Rechnung für 1544.338 Nun kann man rätseln,
weshalb die Reiberinnen, die als Badfrauen in der Frauenstube ganz andere Aufgaben
hatten und direkt von den Badbesucherinnen bezahlt wurden, zum Bodenputzen her-
angezogen wurden,339 zumal die Reinigung des Bades zu den Pflichten der Badknechte
und Lehrjungen gehörte (s. o.), die Sauberhaltung der Trinkstube wohl der Baderin
und ihrer Magd oblag. Denkbar ist, dass die Ratsherren, die wie andere das Bad be-
suchten,340 zu ausgiebig gezecht und den Boden entsprechend beschmutzt, um nicht
zu sagen versaut hatten, so dass sich das Badpersonal geweigert hatte, sauber zu ma-
chen. Den beiden armen Reiberinnen dagegen wird der Zusatzverdienst gerade recht
gewesen sein.
Noch eindeutiger als Beleg für eine eigene Trinkstube im Rattenberger Badhaus ist
folgender Nachweis. 1556 gerieten der städtische Tuchscherer Jörg Erber und der Vi-
kar Niclas Neuhauser in einen Streit, der schließlich damit endete, dass der Vikar am
17. Februar des Jahres den Tuchscherer erschoss.341 Der Zank ging um ein simples
»Jungets« (Brotmesser). Nach Aussage der Witwe Barbara Erber habe ihr Mann um
den Dreikönigstag »auf dem pad geessen und geczecht« und dabei sein Jungets verges-
sen. Das hätten die Leute auf dem Bad »aufbehalten und hinauf in dj wannd gesteckht«.
Bald danach habe auch der Herr Vikar »auf dem pad geczecht«. Als sie ins Bad gekom-
men sei, um das Messer zu holen, habe man ihr gesagt, der Herr Vikar »habs
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Untertitel
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Autor
- Robert Büchner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute