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Hans Püchler
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der Witwe, durften sie die Gerhaben (Vormunde) auf Kosten der Mutter anderswo un-
terbringen. Zur Sicherstellung ihrer Kinder musste Wandula Püchler ihr ganzes Hab
und Gut als Pfand einsetzen.547
Im Januar des nächsten Jahres kam es zu einem neuen Erbteilungsvertrag, nicht
weil sich die Mutter Bedenkzeit ausgebeten hatte,548 sondern weil in der Zwischenzeit
offenbar eines der Kinder gestorben war. Denn nun ist nur noch von vier Kindern die
Rede. Es blieb so ziemlich alles gleich, doch statt bis zu einem Alter von 16 Jahren
brauchte der Unterhalt nur bis zu dem Zeitpunkt gewährt werden, an dem die Kinder
ihr Brot gewinnen konnten. Jedes der vier Kinder erhielt nun bei Heirat oder im Be-
darfsfall 25 Gulden. Ein Zusatz betraf die Tochter Ursula. Da sie »tadlhäfftig«549 war,
musste sie, tot oder lebendig, gebührlich versorgt werden, doch sollte die Witwe nach
dem Tod des Kindes nicht schuldig sein, jemandem etwas zu geben. Um die Ansprüche
der Kinder hatte sich die »alte Baderin Wanndula« auf ihr Hab und Gut zu verschrei-
ben, für die 100 Gulden sogar auf neue Güter, falls sie künftig solche erwerben würde.550
In die Erbschaft fiel nicht ein Piesgarten551, der Wandula von ihrem »lieben vori-
gen Hauswirt«, dem ehemaligen Rattenberger Bader Michel Hueber, zugefallen und
der mit einem Ewigzins von drei Kreuzern jährlich für die St. Virgilkirche belastet
war.552 Ihn verkaufte sie 1546 an den Seiler Conrad Reichl, Bürger zu Rattenberg.553
Zum letzten Mal wird die »alte Baderin, Meister Hansen Pühlers seligen Witwe«, am
2. März 1547 in Rattenberg erwähnt, als es um einen Termin für die Abrechnung mit
den Vormunden ihrer Kinder ging.554 Danach verschwindet sie aus den Quellen. Sie ist
wohl nach Hallein gezogen, um dort das Bad zu übernehmen.
4.6.1 Reiberin und Gewandhüterin
In den bisherigen und folgenden Kapiteln über die Bader fällt auf, dass sie so oft vom
Rat verlangen, die Reiberinnen und Gewandhüterinnen durch andere Frauen auf
diesem Posten ersetzen zu dürfen. Pflichtversäumnisse wie mangelnder Fleiß555 oder
übermäßiger Weingenuss,556 die Aufforderung, sich gebührlicher zu verhalten,557 kön-
nen nicht der einzige Grund gewesen sein. Dann hätte man nicht wenige Bader und
Badknechte entlassen müssen, denen der Rat dieselben Vorwürfe machte. Die Unlust
der Bader über Reiberinnen und Gewandhüterinnen hing vermutlich mit den Auf-
gaben zusammen, die er ihnen über ihren Pflichtkreis hinaus aufhalsen wollte, ohne
sie dafür zu bezahlen. Der Rat selbst brachte das 1511 zum Ausdruck, als er Meister
Gabriel Freytag gestattete, die Reiberin zu entlassen und durch eine neue zu ersetzen,
falls sie ihm nicht »zu gefallen dienen wurd uber das, so ir aufgeladen« sei.558 Was das
denn war, wird nie gesagt, lässt sich aber erschließen, zumindest erahnen.
Wenn Bachmann schreibt559 : »Die Badreiberin musste mindestens alle 14 Tage die
Böden und Bänke reiben und das Badgeschirr sauber halten«, Stops560 das übernimmt
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Untertitel
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Autor
- Robert Büchner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute