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19Zur
Forschungslage
Eine andere Lösung , die zeitliche Parallelität von Werken stilbeharrender und
stilerneuernder Baukunst im frühen und mittleren 13. Jahrhundert in Österreich
zu erklären , wurde von Renate Wagner-Rieger vorgeschlagen , indem sie den Be-
griff der Kunstlandschaften in die Diskussion brachte. Demnach habe die ers-
te Welle gotischer Einflüsse im Bereich des heutigen Österreich Landschaften
von unterschiedlicher Tradition an architektonischer Vergangenheit erreicht. In
Gebieten mit stärkerer Überlieferungsdichte , wie in Oberösterreich , Salzburg ,
Kärnten und Tirol , habe man länger an romanischen Bauformen festgehalten als
in Niederösterreich und der Steiermark mit geringerer bodenständiger Architek-
turtradition50. Zweifellos war es Renate Wagner-Rieger , die damit den scheinbar
schon toten Punkt in der Forschung in dieser Frage überwunden hat. Bereits in
ihrer 1956 / 1957 publizierten Habilitationsschrift hatte sie sich mit dem Problem
des Stilwandels von der Romanik zur Gotik – allerdings in einem anderen kunst-
landschaftlichen Umfeld , in Italien – auseinandergesetzt und die unterschied-
liche Aufnahmefähigkeit in den einzelnen historisch differenziert vorgeprägten
Provinzen konstatiert51. Sie war bei dieser Forschungsarbeit mit dem Phänomen
der Gleichzeitigkeit unterschiedlich avancierter Stilformen in der mittelalterli-
chen Baukunst des 12. und 13. Jahrhunderts konfrontiert worden , das nach Erklä-
rungen verlangte. 1959 erschien von Renate Wagner-Rieger in der Festschrift für
Karl Maria Swoboda eine umfangreiche Untersuchung über gotische Kapellen in
Niederösterreich. Hier wurde an einer bestimmten Formgelegenheit das Problem
der Entwicklung der gotischen Architektur beispielhaft durchgearbeitet , und es
gelang eine Fülle von Neudatierungen und Neuinterpretationen52. In weiterer
Folge waren es die großen österreichischen Landesausstellungen , wie 1976 die Ba
benbergerausstellung in Stift Lilienfeld53 , 1978 die Ausstellung Gotik in der Steier
mark in Stift St. Lambrecht54 und 1979 Die Zeit der frühen Habsburger55 , die für
Renate Wagner-Rieger Anlass boten , die Forschung wesentlich voranzutreiben.
Im Sommersemester 1977 unternahm es Renate Wagner-Rieger , im Rahmen ei-
ner akademischen Vorlesungsreihe am Institut für Kunstgeschichte der Univer-
sität Wien , dem sie damals vorstand , die neuesten Forschungsergebnisse in einer
Überblicksdarstellung der mittelalterlichen Architektur Österreichs zusammen-
zufassen ; 1988 wurden die Inhalte dieses Kollegs aus dem Nachlass Renate Wag-
ner-Riegers posthum publiziert56. Mit ihren Arbeiten gelang es dieser gelehrten
Kunsthistorikerin , die bis dahin bestehende internationale Isolierung der öster-
reichischen Forschung über die Architektur des Mittelalters zu durchbrechen. Im
Dialog mit Wissenschaftern aus Ungarn wie Thomas von Bogyay und Ernö Ma-
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur