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25Zur
Forschungslage
Ein grundlegend anderes , neues Bild der architekturgeschichtlichen Entwick-
lung in der Regierungszeit Ottokars II. Přemysl in Österreich wurde schrittwei-
se seit den späten siebziger-Jahren herausgearbeitet , wobei Forschungen von Jiři
Kuthán zur Baukunst in Böhmen und Mähren80 enge Übereinstimmungen mit
Untersuchungen zur Architektur jener Zeit in Österreich81 erbrachten. In der Folge
bewirkten vor allem die weiterführenden Arbeiten Jiři Kutháns eine Neubewer-
tung der Persönlichkeit Ottokars II. als Herrscher , Mäzen und Auftraggeber auf
allen Gebieten der bildenden Künste82 : Ottokar erscheint als Initiator planmäßiger
Stadtneugründungen , als Förderer der Zisterzienser , des Deutschen Ordens und
der Bettelordensbewegung , er lässt prächtige Residenzburgen erbauen. Seine Hof-
baukunst orientiert sich an aktuellsten französischen und deutschen Vorbildern ,
besitzt jedoch einen so hohen eigenschöpferischen Gehalt , dass es gerechtfertigt
erscheint , von einer přemyslidischen Bauschule zu sprechen83. Neuere Einzelunter-
suchungen zur österreichischen Baukunst der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts vermö-
gen nun diesem Bild wichtige zusätzliche Akzente zu geben. 1982 widmete Sibylle
Hauser-Seutter dem Brunnenhaus im Stift Heiligenkreuz eine ausführliche Unter-
suchung und schlug eine Datierung dieser Anlage noch in ottokarische Zeit vor84.
1990 publizierte Kurt Bleicher eine Untersuchung über Chor und Querhausanlage
der Liebfrauenkirche Wiener Neustadt und revidierte die bisherigen Datierungs-
ansätze85. 1992 plädierte Sibylle Hauser-Seutter in einem weiteren Aufsatz dafür ,
den Baubeginn auch des Hallenchors von Heiligenkreuz noch unter Ottokar II.
Přemysl anzunehmen86. 1993 widmete sich Horst Schweigert der Behandlung der
Baugeschichte der Grazer Leechkirche und kam gemeinsam mit Bernhard Demel zu
einem früheren Zeitansatz des Baugeschehens87. 1995 berichtigte Maria Parucki in
der Veröffentlichung ihrer Dissertation über die Baugeschichte der Wiener Mino-
ritenkirche die bisherige Fehlinterpretation des Chorbaus als Ludwigschor und die
daraus resultierende Fehldatierung und erkannte im ursprünglichen Langchor der
Minoritenkirche den noch auf Ottokar II. zurückgehenden Bau88.
Analog zu den Ergebnissen der tschechischen Architekturforschung zeichnete
sich nun ein ganz neues Bild der ottokarischen Baukunst ab , sie war keineswegs
prunkvoll altertümlich , sondern vielmehr Schauplatz wichtiger fortschrittlicher
Entwicklungen und zukunftsweisender Neuerungen. Andererseits aber machte
Andrea Keck 1995 im Zuge ihrer Bearbeitung der Baugeschichte der ehemaligen
Dominikanerinnenkirche von Imbach die wichtige Entdeckung , dass das Lang-
haus dieser 1269 gegründeten Kirche , welches bis dahin als älteste zweischiffige
Hallenanlage Österreichs galt , ursprünglich ein ungewölbter Saalraum gewesen
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur