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Die Voraussetzungen im 12.
Jahrhundert34
lich gesichert ist die Überlieferung eines Michaelsaltares auf der Empore der Stifts-
kirche119 , wobei wohl diese Westempore gemeint ist. Der Bautyp des Westwerks
hatte im Heiligen Römischen Reich eine bis auf karolingische Zeit zurückreichen-
de Tradition. War das Westwerk zuerst ein kaiserliches Reservat , um im Baugefüge
von Klosterkirchen einen besonderen für den Herrscher bestimmten Bereich abzu-
grenzen ( Centula , Corvey , Werden ) , so wurde das imperiale Baumotiv im Laufe
des 10. Jahrhunderts zum Ausdrucksträger des Eigenkirchenrechts verallgemeinert.
In Klosterneuburg war die Absicht Leopolds III. , als Eigenkirchenherr aufzutreten ,
zweifellos gegeben : Leopold III. war nicht nur selbst Gründer des Klosters , er war
gleichzeitig der am Ort residierende Markgraf und Landesherr. Die Ernennung sei-
nes erst vierzehnjährigen Sohnes Otto zum praepositus des neugegründeten Stifts
zeigt die gezielte kirchenpolitische Handlungsweise des Babenbergers.
Die ältesten historischen Ansichten Klosterneuburgs , wie die Darstellung im
Babenberger Stammbaum von 1489–1492 ( Abb.
1 )120 oder im Hausmann stetter’schen
Urbar von 1513121 , zeigen das Westwerk der Klosterkirche als einen massiven Bau-
körper , der jedoch nicht von ausgeprägten Westtürmen überragt wurde. Überein-
stimmend zeigen diese beiden Ansichten einen polygonalen Vierungsturm. Die
erhaltenen Originalbauteile und die freigelegten Mauerzüge lassen die hohe bau-
künstlerische Detailqualität erkennen. Die Sichtflächen der Umfassungsmauern
sind in sorgfältigstem Quadermauerwerk gearbeitet , die Säulchen der Zwergga-
lerien an der Hauptapsis hatten teilweise abgekantete , kannelierte Schäfte , ihre
Kapitelle waren abwechslungsreich mit Blattvoluten und mit geometrischen Mus-
tern verziert. Auch im Inneren war die Kirche schon von Anfang an mit aufwen-
dig gestalteten , figürlich und vegetabilisch gestalteten Reliefplatten ( Chorschran-
ken ? ) und anderem kostbaren Inventar , wie einem monumentalen siebenarmigen
Bronzeleuchter122 , ausgestattet. Seit den Freilegungen von 1982 an den Fenstern
vom Kreuzgang in den Kapitelsaal besitzen wir auch Kenntnis über die ursprüng-
liche reiche Farbigkeit der Bauglieder. Mosaikartige Musterungen entsprechen
zur gleichen Zeit entstandenen Malereien in der Klosterkirche Prüfening bei Re-
gensburg und imitieren Steininkrustationen123.
Oberranna
Es gibt ein weiteres Indiz dafür , dass Markgraf Leopold III. tatsächlich bestrebt
war , einer kaiserlichen Baugesinnung nachzueifern , wie dies für Klosterneuburg
in Erwägung gezogen wurde : Aus seiner Regierungszeit stammt die Burgkapel-
le von Oberranna in Niederösterreich. Wie Richard Kurt Donin in einer Bauun-
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur