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Die Voraussetzungen im 12.
Jahrhundert42
dem Platz am Hof. Wie die Untersuchungen Erwin Reidingers bezüglich der Ori-
entierung des Langhauses und des Chors der Schottenkirche ergeben haben , wur-
de der mit der Absteckung der Längsachse verbundene Gründungsakt zwischen
17. und 21. März 1155 vollzogen147. Der Kirchenbau folgte im Anlagekonzept dem
Vorbild von Klosterneuburg148. So wie dort wurde auch in Wien der Kreuzgang
nördlich der Kirche situiert und nicht wie bei den Zisterziensern südseitig ( Heili-
genkreuz , Zwettl ). Die Kirche war im Grundriss dreischiffig basilikal mit Quer-
haus , Chorquadrat und Halbkreisapsis angelegt und besaß eine Westempore.
Man hat diese Empore vom Vorbild der Kirche St. Jakob in Regensburg abzu-
leiten versucht149 , doch ist es viel wahrscheinlicher , eine funktionell motivierte
Herrschaftsempore in der Art eines Westwerks , so wie in Klosterneuburg , anzu-
nehmen. Wie urkundlich überliefert ist , siegelte Herzog Leopold V. am 25. Au-
gust 1190 in porticu Scotorum , das heißt in der Vorhalle unter der Westempore
der Schottenkirche. Das Westwerk der Schottenkirche diente also , so wie jenes
in Klosterneuburg , auch als Ort landesfürstlicher Rechtsakte. Heinrich II. Jaso-
mirgott wurde 1177 , nach seinem unerwarteten Tod , im Presbyterium der Wiener
Schottenkirche beigesetzt , was darauf schließen lässt , dass dieser Bauabschnitt
schon fertiggestellt war. Die Einweihung der Schottenkirche durch Bischof Wolf-
ger von Passau ist jedoch erst für das Jahr 1200 überliefert150. Bemerkenswert
in der ältesten Darstellung der Wiener Schottenkirche auf dem Babenberger
Stammbaum in Klosterneuburg aus der Zeit um 1489–1492 ist die Darstellung des
Westwerks als Baukörper von auffallender Größe an der Eingangsseite des Lang-
hauses , der aber wie die Stiftskirche Klosterneuburg keine eigens ausgebildeten
Turmprismen besitzt ( Abb.
4 )151.
Die bisher erfolgten Freilegungen
lassen erkennen , dass das Langhaus der
Schottenkirche ebenso gewölbt war wie
jenes von Heiligenkreuz , und zwar in
den Seitenschiffen mit Kreuzgratgewöl-
ben , im Mittelschiff hingegen mit Band -
rippenwölbungen. Diese ruhten jedoch
nicht auf Konsoldiensten , sondern auf
Wand vor lagen , die bis zum Boden hi-
Abb.
4 : Darstellung der Wiener Schottenkirche
im „Babenberger Stammbaum“
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur