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Die Bautätigkeit des Bistums Passau in Österreich 47
Erst die Freilegungen mittelalterlicher Bausubs-
tanz an den einstigen Passauer Eigenklosterkirchen
Kremsmünster ( ab 1970 ) und St. Pölten ( ab 1980 )
gaben Anlass , sich mit den Beziehungen zwischen
Passau und Österreich auch in architekturgeschicht-
licher Hinsicht eingehender zu beschäftigen. Ein
hauptsächliches Hindernis für die Beurteilung von
Passauer Sakralbauten aus dem Mittelalter in Öster-
reich war der Umstand , dass diese durchwegs in stark
verändertem Zustand erhalten sind. In den meisten
Fällen waren es Zufallsentdeckungen , die bei Restau-
rierungsarbeiten aufgetreten sind und in der Folge zu
neuen Forschungsergebnissen geführt haben.
Seit Richard Kurt Donin und Renate Wagner-
Rieger ging man bei Untersuchungen über die mit-
telalterliche Architekturgeschichte Österreichs im-
mer von den weltlichen Machthabern im Lande
aus. Entscheidende Bedeutung wurde der Rolle des
Landesherrn beigemessen. Unter dem Einfluss des
Landesfürsten entstand stets eine an Aufwand und
materiellem Einsatz bedeutende , vielfach auch eine
fortschrittliche , stilgeschichtlich avancierte Baukunst ,
als deren prominentestes Beispiel die babenbergische Hofbaukunst in der ersten
Hälfte des 13. Jahrhunderts gelten kann. Der Import modernster Bauformen der
französischen Kathedralgotik an den Babenbergerhof ( Capella Speciosa in Kloster-
neuburg ) wurde von Renate Wagner-Rieger mit dem Begriff babenbergische Sonder
gotik bezeichnet169 ; dieser markiert für die Zeit um 1222 eine führende Stellung der
Baukunst der Babenberger unter allen deutschen Fürstenhöfen. Daneben konnte
gezeigt werden , dass das Bauschaffen im Auftrag von Ministerialen und Kleinade-
ligen in Österreich zu dieser Zeit relativ rückständig und stilistisch veraltet war170.
Neuere Untersuchungen zeigen allerdings , dass das Gesamtbild der archi-
tekturgeschichtlichen Entwicklung in Österreich im Mittelalter unvollständig
bleibt , wenn man die Rolle des Bistums Passau als Auftraggeber in der Baukunst
unberücksichtigt lässt. Durch die Aussagekraft der erwähnten Freilegungen an
Passauer Eigenkirchen in Österreich wurde klar , wie bedeutend die Stellung der
von Passau aus betriebenen Bautätigkeit war. Obwohl noch viele Fragen offen
Abb.
7 : Rekonstruktion des unter Bischof Pilg
rim erbauten Stephansdoms in Passau nach F. X.
Eggersdorfer
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur