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Die Voraussetzungen im 12.
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sind , zeichnet sich ab , dass es immer wieder Anlässe für den Passauer Bischof ge-
geben hat , die in Österreich befindlichen Eigenkirchen und Stützpunkte auszu-
bauen und architektonisch zu erneuern. Dies geschah vor allem aus besitzrecht-
lichen und kirchenpolitischen Erwägungen , sodass bauliche Initiativen dazu
führten , mittels architektonischer Repräsentation Macht und Alteingesessenheit
des Bistums gegenüber Konkurrenzmächten zu demonstrieren.
Das älteste nachweisbare Bauvorbild für Passauer Architekturschaffen in Ös-
terreich war der Stephansdom in der Stadt Passau selbst ( Abb. 8 ) aus der Re-
gierungszeit Bischof Pilgrims ( 971–991 ). Bis ins 10. Jahrhundert hatte sich die
ursprüngliche Bischofskirche der Agilolfinger erhalten. Im Zuge der Kämpfe zwi-
schen Herzog Heinrich dem Zänker , Heinrich von Kärnten und Kaiser Otto II.
wurde die Stadt Passau als Stützpunkt der Aufständischen von Juni bis Juli 977
belagert und schließlich zerstört. Bischof Pilgrim war in der Auseinandersetzung
aufseiten des Kaisers gestanden und wurde in der Folge von diesem durch eine
reichliche Unterstützung zum Wiederaufbau von Stadt und Dom entschädigt.
Wie Erwin Reidinger aufgrund seiner Analyse der Orientierung der ursprüngli-
chen Längsachse des Doms aufzeigen konnte , wurde der Neubau des Doms zwi-
schen 8. und 12. März 982 in Angriff genommen171. Franz Xaver Eggersdorfer
nimmt an , dass der Wiederaufbau der Kathedrale vollendet war , als am 5. Au-
gust 985 die Einweihung und am 30. September des gleichen Jahres die translatio
der Reliquien des hl. Maximilian in den Dom erfolgte172. Über das Aussehen
des mittelalterlichen Pilgrimdoms geben zwei Außenansichten aus dem 16. und
17. Jahrhundert Auskunft , und zwar der Stich von L. Abent aus dem Jahre 1576
mit einer Südansicht173 und der Stich aus dem Templum gratiarum von Philipp
Sadeler von 1633174 , der eine Westansicht des Passauer Doms nebst einer Dar-
stellung der Kathedrale von Straßburg wiedergibt. Die Glaubwürdigkeit dieser
Darstellungen wird dadurch gewährleistet , dass sie genau in jenen Punkten über-
einstimmen , die charakteristische Besonderheiten der westseitigen Doppelturm-
front angeben , welche bis 1662 aufrecht stand : Die Turmprismen waren mehrge-
schossig gegliedert und gingen in ihrem obersten Geschoss vom quadratischen in
einen achteckigen Querschnitt über (Abb. 7). Wie der Stich von Philipp Sadeler
zeigt , war zwischen dem Westturmpaar eine vorspringende Portalvorhalle ange-
ordnet , über dieser lag eine Empore.
Bemerkenswert ist , dass Bischof Pilgrim die repräsentative Gestaltungsform der
monumentalen Doppelturmfront mit Portalvorhalle und Westempore für den Wie-
deraufbau seiner Domkirche zu einem Zeitpunkt wählte , bevor noch die Metro-
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur