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113Die
Bautätigkeit Herzog Leopolds VI.
Doch nicht nur aus architekturikonologisch-topischen Überlegungen erscheint
eine Bezugnahme des Baus der Capella Speciosa auf das Vorbild der Aachener
Pfalzkapelle unzutreffend. Auch die historische Situation macht eine solche an-
geblich intendierte Nachahmung sehr unwahrscheinlich. Hier sind einige Überle-
gungen zur Regierungspolitik Herzog Leopolds VI. anzubringen.
Auf den ersten Blick erscheint die Zugehörigkeit des vorletzten Babenberger-
herzogs zur Partei der Staufer unzweifelhaft : Leopold VI. von Österreich war
schon seit seiner Jugend in einem stauferfreundlichen Milieu aufgewachsen. Sein
Vater Herzog Leopold V. war bereits ein loyaler Parteigänger Kaiser Friedrichs I.
Barbarossa , an dessen Hoftag in Mainz im Jahre 1180 der Babenberger mit einem
Gefolge von 500 Rittern erschienen war364. Der um diese Zeit geborene zwei-
te Sohn des Herzogs , Leopold – als dessen Nachfolger dann Leopold VI. – , kam
bereits als Knabe an den Kaiserhof , wo seine Ausbildung abgeschlossen wurde.
Als sich Leopold V. bei der Belagerung von Akkon ( 1191 ) durch König Richard
Löwenherz von England beleidigt sah und diesen auf dessen Rückreise in Öster-
reich festnehmen ließ , profilierte sich die Parteinahme für die Staufer und gegen
die mit dem englischen König verwandten Welfen noch mehr. Leopold V. lieferte
1193 den gefangenen Richard Löwenherz an Kaiser Heinrich VI. aus , der ihn auf
der Stauferburg Trifels weiterhin festhielt , und teilte mit diesem das hohe Löse-
geld , welches den Gegenwert des Besitzes der Insel Zypern ausmachte365. 1194
nahm Leopold am Feldzug Kaiser Heinrichs VI. nach Sizilien teil366 , nach dem
plötzlichen Tode seines Vaters wurde er aber in die Heimat gerufen , um die Regie-
rung im Herzogtum Steiermark anzutreten. Als sein Bruder Herzog Friedrich I.
im Jahre 1198 als Teilnehmer des von Heinrich VI. ausgerufenen Kreuzzugs , der
dem Kaiser die Weltherrschaft bringen sollte , den Tod gefunden hatte , wurde
Leopold
VI. auch mit dem Herzogtum Österreich belehnt367.
Inzwischen waren die weltpolitischen Pläne Kaiser Heinrichs VI. durch dessen
jähen Tod im September 1197 zusammengebrochen , und es erfolgte die verhäng-
nisvolle Doppelwahl des Staufers Philipp von Schwaben ( im März 1198 in Thürin-
gen ) und des Welfen Otto von Braunschweig ( im Juni 1198 in Köln ) jeweils zum
deutschen König. Leopold VI. schloss sich ohne Zögern dem Stauferkönig Philipp
an , nahm an dessen Belagerung von Köln ( 1205 ) teil und blieb bis zu dessen Er-
mordung im Jahre 1208 dessen treuer Anhänger , obwohl ihn der Papst 1203 er-
mahnt hatte , von König Philipp abzulassen und sich Otto anzuschließen368. Nach
Philipps Tod leistete er zwar dem nunmehr allgemein anerkannten deutschen Kö-
nig Otto IV. , einem Neffen König Richards von England , den Treueeid , doch
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur