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Die Bautätigkeit Herzog Leopolds VI.
128 anbefohlen wurde , tauchten bald danach zahlreiche Reliquien im Westen auf , die
wohl auf zweifelhaften Wegen ins Abendland gekommen waren. Im Reliquien-
kanon 62 des Vierten Laterankonzils von 1215 war daher festgehalten worden :
Da der christlichen Religion nur allzu oft Schaden daraus erwuchs , weil einige die
Reliquien der Heiligen als verkäuflich ausstellen und sie allenthalben zur Schau stel
len , haben wir durch vorliegendes Dekret bestimmt , damit nicht weiterhin der Re
ligion Abbruch geschehe , daß alte Reliquien in Zukunft nicht mehr außerhalb eines
Reliquienkästchens gezeigt noch als verkäuflich ausgestellt werden sollen. Niemand
aber wage es , neu gefundene öffentlich zu verehren , wenn sie nicht zuvor durch die
Autorität des römischen Pontifex die Approbation erhalten haben. Die Prälaten aber
sollen im übrigen nicht erlauben , daß jene , die ihre Kirchen in Verehrung besuchen ,
mit leeren Trugbildern oder falschen Dokumenten getäuscht werden441. Eine Reihe
von Reliquien Johannes des Täufers , die in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts im
Westen auftauchten , könnten zwar illegal ins Abendland gelangt , hier jedoch
nachträglich authentisiert worden sein , wie z. B. das Gewandfragment des hl. Jo-
hannes im Turmreliquiar der Abtei von Grandselve442 oder die 1239 im Chor der
Kirche St. Kunibert in Köln eingemauerte Bartreliquie des Täufers443.
Für Herzog Leopold VI. eröffnete die Fahrt nach Ägypten im Jahre 1218 eine
ganz konkrete Möglichkeit zur Erwerbung authentischer Reliquien Johannes des
Täufers. Nachdem im Jahre 362 auf Befehl des heidnischen Kaisers Julian Apos-
tata ( reg. 361–363 ) das Grab Johannes des Täufers in Samaria zerstört und seine
Gebeine verbrannt worden waren444 , hatten fromme Christen die noch erhaltenen
Überreste gemeinsam mit den Reliquien des Propheten Elischa ( Elisäus ) gebor-
gen und zu Patriarch Athanasius nach Alexandrien gebracht , der sie zunächst in
einem Garten vergrub. Unter Patriarch Theophilus von Alexandrien wurde um
400 im Stadtteil Karmuz an der Stelle des antiken Serapeums eine Kirche zu Eh-
ren Johannes des Täufers errichtet , wo seine Überreste gemeinsam mit jenen des
Elischa beigesetzt wurden und ein Kirchenfest am 2. Baouna des koptischen Ka-
lenders ( = 9. Juni ) eingeführt wurde445. Im 5. Jahrhundert hat man unter Patri-
arch Dioscorus in der Johanneskirche von Alexandrien auch den heiligmäßigen
Märtyrer bischof Macarius und die Überreste des hl. Anachoreten Antonius bei-
gesetzt446. Zu Anfang des 10. Jahrhunderts jedoch wurden unter dem koptischen
Patriarchen Khaleel die Reliquien Johannes des Täufers , des Propheten Elischa
sowie des hl. Macarius in das Kloster Abu Makar in der Sketischen Wüste süd-
westlich von Alexandrien überführt und dort in der Apostelkirche beigesetzt. Da-
mit erlosch die kultische Verehrung dieser Heiligen in Alexandrien selbst. Auch
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur