Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
Seite - 131 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 131 - in Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich

Bild der Seite - 131 -

Bild der Seite - 131 - in Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich

Text der Seite - 131 -

131Die Bautätigkeit Herzog Leopolds VI. se Baukünstler waren offensichtlich mit den aktuellsten Architekturströmungen im französischen Kronland bestens vertraut. Somit ist nicht auszuschließen , dass die Künstlergruppe der Capella Speciosa durch Einflussnahme des ungarischen Königshofes oder des 1218 zum Patriarchen von Aquileia erhobenen Berthold von Andechs-Meranien an Leopold  VI. vermittelt wurde454. Als Ergebnis der architekturikonologischen Analysen ist die Capella Speciosa von Klosterneuburg gewiss nicht als dynastisch-politisches Denkmal zu bewer- ten , wie Ulrike Seeger meinte455. Die Kapelle war auch nicht bloß ein prachtvoller Reliquienschrein , wie August Essenwein vermutete456. Ihrem Erbauer schwebte offenbar vor , einen besonderen Andachtsort zur Inszenierung der Reliquienver- ehrung nach französischem Vorbild zu schaffen. Der architektonische Rahmen war bei diesem Vorhaben nur ein – allerdings überaus wichtiger – Aspekt neben anderen. Entscheidend war der religiöse Sinngehalt dieses neuartigen Modells , der auf den theologisch-philosophischen Gedanken der Hochscholastik sowie auch der Mystik basierte : Zu den hochaktuellen religiösen Andachtsformen , die im Zusammenhang mit dem großen Kirchenereignis des Vierten Laterankonzils diskutiert wurden , gehörte die Vorstellung einer Gebetsgemeinschaft , die die Le- benden und Verstorbenen zu einer Gemeinschaft der Heiligen vereinigen sollte. Ein gerade zu dieser Zeit ergriffenes Mittel , die in ihren Reliquien gegen- wärtigen Heiligen und Märtyrer wie in einer Vorwegnahme ihrer Auferstehung körperlich zu personalisieren , war die Aufstellung von anthropomorphen Reli- quiaren , Reliquienstatuen und Totenbüsten auf Laufgängen in der Reliquienzone oberhalb der Sessionsnischen , unterhalb der Fenster des Kirchenchors. An die solcherart sinnlich begreifbar gemachten Heiligen konnten Gebetsanliegen , Für- bitten , ähnlich wie in einem Gespräch mit lebendig Anwesenden , gerichtet wer- den. Erweitert wurde das Szenarium einerseits auch noch durch die Anwesenheit von Klerikern , die mit einem spezifischen Gebetsauftrag ausgestattet waren , an- dererseits durch Heiligendarstellungen in Glasmalereien , die , wie in einem über- wirklichen , lichtdurchfluteten Medium befindlich , eine Ahnung transzendenta- ler Mystik vermittelten. Die engsten Übereinstimmungen sowohl im Aufbau der mehrschichtigen Wandstruktur und des kompliziert verschnittenen Wölbungsbereiches als auch der Blendarkaturen an der inneren Sockelzone erweisen die Capella Speciosa als hochaktuelles Werk auf zeitgleichem Entwicklungsniveau wie die königliche Baukunst in Frankreich : Erst 1221 , ein Jahr vor der Konsekration der Kloster- neuburger Kapelle , war die dem heiligen Jakobus geweihte Chorkapelle der Ka-
zurück zum  Buch Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich"
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
Titel
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
Autor
Mario Schwarz
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78866-9
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
Kunst und Kultur
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich