Seite - 139 - in Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
Bild der Seite - 139 -
Text der Seite - 139 -
139Die
Bautätigkeit Herzog Leopolds VI.
len mit fantasievollem plastischen Dekor aus gefiederten
gegenständigen Blättern , verschlungenen diamantierten
Ringen , stilisierten Weintrauben , Akanthusblättern
und Palmetten herrscht ( Abb. 50 und b , 51 a und b ) ,
dominie ren im Süd- und West flügel sowie im Brunnen-
haus Knospen kapitelle. Diamantierte Knospenkapitel-
le und Kelchkranz kapi
telle , wie sie im Nordflügel des
Kreuzgangs von Zwettl ver treten sind , werden seit V.
Ruprich-Robert auf normannischen Ursprung zurück-
geführt460 ; die Kelchkranz- oder Korbrandkapitelle tre-
ten in Österreich im frühen 13. Jahrhundert sowohl in
der Passauer Baukunst auf , wie an den Sitznischen der
Stiftskirche St. Pölten ( nach 1209 , vor 1228 ) , als auch
in der Zisterzienserarchitektur , nämlich in Lilienfeld
bei der Restaurierung des Querhausnordflügels und am
Kreuzgang ( nach 1217 , vor 1230 ).
Wie Paul Buberl aufgrund der beobachteten Un-
terschiede und entsprechender Stilanalysen feststellen
konnte , erfolgte während des Bauvorgangs der Anlage
offenbar ein Wechsel in der Bauführung461. Der Bau sei
demnach von einer ersten Künstlergruppe am Nordflü-
gel begonnen und bis zum Joch des Ostflügels vor dem
Kapitelhausportal fortgesetzt worden. Auf konstruk-
tivem Gebiet waren die Bauleute der ersten Bauphase
eher unsicher. Größere Spannweiten , wie im Joch vor
dem Kapitelsaalportal , glaubten sie nur mit Hilfsrippen in Form unechter sechs-
teiliger Gewölbe überbrücken zu können , wobei diese zusätzlichen Rippen sta-
tisch tatsächlich wirkungslos waren. Technische Unsicherheit verraten auch die
Reduzierung der Wandstärken in den Bogenfeldern zur Verringerung der Auflast
über den Fensterarkaden im Nordflügel sowie der Einsatz des statisch wirkungs-
losen in den Bogenscheitel stoßenden Mittelsäulchens. Diese statisch wirkungs-
lose Anordnung ist in der gesamten Baukunst äußerst selten , Vergleiche führen
in den Bereich der normannischen Baukunst in England ( z. B. die Emporenöff-
nungen in der Benediktinerinnen-Stiftskirche Romsey in Hampshire )462 und
Frankreich ( Saint-Martin in Angers )463. 1221 wurde Gisela von Kuenring Zwetle
nsis monasterii in lectionis monachorum beigesetzt464 ; daraus ist zu schließen , dass
Abb.
50 a und b : Kapitelle im Nordflü
gel des Kreuzgangs des Zisterzienserstifts
Zwettl
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur