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Antriebs-, Verkehrs-oderMobilitätswende? 39
dassdieNutzer*innenflexibelundspontan, inAbhängigkeitvonOrt,Tages-
zeit,Wetter,AnlassundZielausdenverschiedenenAngeboteneinepassende
Verkehrslösungzusammenbasteln (Lanzendorf/Hebsaker2017: 145).Aufdie-
seWeise könnte, so dieThese der Vertreter*innen dieser Stoßrichtung, die
Aufrechterhaltung des gegenwärtigenUmfangs vonVerkehr im städtischen
RaumauchjenseitsderprivatenAutomobilitätgewährleistetwerden.DerFo-
kusdesWandelsbeziehtsichhieraufdenVerkehrunddessenOrganisation.
Von diesen beiden Transformationsperspektiven lässt sich drittens
die Mobilitätswende unterscheiden, auch wenn die Differenzierung zwi-
schen Verkehrs- undMobilitätswende im gesellschaftlichenDiskurs häufig
nicht trennscharf erfolgt. Mit der Verwendung des Mobilitäts- anstelle
des Verkehrsbegriffs soll im vorliegenden Kontext betont werden, dass der
Gegenstandumfassender zudenken ist undnebender empirischbeobacht-
baren physischen Bewegung von Menschen und Gütern im Straßenraum
auch die damit verknüpften Bedeutungen und gesellschaftlichen Sinnho-
rizonte meint (Cresswell 2006; Urry 2007). Dieses erweiterte Verständnis
von Bewegung entspringt der noch relativ jungen sozialwissenschaftlichen
Mobilitätsforschung beziehungsweise dem sogenannten »new mobilities
paradigm« (Sheller/Urry 2006). Aus dieser Blickrichtung wurde von ver-
schiedenenAutor*innen herausgearbeitet, dass Automobilität – als System
(Urry2004),Regime (Böhmetal. 2006) oderDispositiv (Manderscheid2012)
– kein der Gesellschaft äußerliches rein technisches Element, sondern im
Gegenteil konstitutiv für die soziale undwirtschaftlicheDynamik sowie für
die räumlicheOrganisation seit der zweitenHälfte des 20. Jahrhunderts ist
(Kuhm1997;Paterson2007).
Zugespitzt formuliert, ist alsodie raum-zeitlicheundsozioökonomische
Ordnung gegenwärtiger Gesellschaften nurmit und über das private Auto
alshegemonialemMobilitätsmediumverständlich (Manderscheid2017).Das
bedeutet auch,dass es für ein soziologischesVerständnis vonAutomobilität
nicht ausreicht,AutoverkehrundseineZunahmeauf eineeinzelneursächli-
cheDimensionwiebestehendeBedürfnisseder Individuen,eineÜberlegen-
heitderTechnikoderdieGlobalisierungzurückzuführen.Entsprechendwer-
den in dieser Perspektive nicht nur die zurückgelegtenWege und die hier-
für verwendetenVerkehrsmittel in denBlick genommen, sondern auch die
diesenzugrundeliegendensozio-ökonomischen,kulturellenundräumlichen
DynamikenundZwänge. Indieser integralenPerspektivekönnendieDyna-
miken,diezueineranhaltendenSteigerungdieserbeobachtbarenWegeund
Distanzenführen,sowiedieSpielräumeundRestriktionen,denensichdieIn-
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Titel
- Baustelle Elektromobilität
- Untertitel
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Autor
- Achim Brunnengräber
- Herausgeber
- Tobias Haas
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 450
- Schlagwörter
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Kategorie
- Technik