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58 KatharinaManderscheid
fossil angetriebenen Verbrennungsmotoren entstehendenCO2-Emissionen.
Weitere negativen Auswirkungen des Autoverkehrs in den Städten, insbe-
sonderezunehmendeVerkehrsstausundPlatzbedarfewerdenhiervoneben-
sowenig bearbeitet wie die Frage der Rohstoffe für die Batterieproduktion
oderder Stromgewinnung für eine vollständig elektrifizierte Fahrzeugflotte
geklärtwird (siehe dieBeiträge vonKalt und vonBrunnengräber in diesem
Band).Hingegenerlaubtdas emissionsfreieund lärmreduzierteE-Fahrzeug
dieFortsetzungdessen,wasBrandundWissen (2017) als »imperialeLebens-
weise« bezeichnet haben gerade dadurch, dass diemit der Rohstoffgewin-
nungundProduktion verbundenen sozial undökologischnegativenEffekte
demBlickentzogenwerden (Brunnengräber/Haas2018).
An dieser Kritik ansetzend fordern progressive Verkehrsexpert*innen,
Wissenschaftler*innen undPolitiker*innen eine grundsätzlicheNeuorgani-
sation des Verkehrs und eine Abkehr vom Primat des privaten Autos.Wie
einevergleichendePerspektivezeigt, sindhierfür veränderteRahmenbedin-
gungen erforderlich,die auf eine »generelle Ent-Privilegierungdesprivaten
Autos« (Canzler et al. 2018: 74) hinauslaufen.EineReihe vonbeobachtbaren
EntwicklungenaufderWissens-undderSubjektivierungsebene,die sich in
empirisch verändertes Verkehrshandeln übersetzt, zeigen bereits in diese
Richtung. Dazu gehört die Pluralisierung der Fahrzeuge in den Städten,
Stadtentwicklungsmaßnahmen, die dieQualitäten öffentlicher Räumewie-
der insZentrumrückenebensowiedas»PeakCar«Phänomenalsvorläufiger
Höhepunkt einer reflexiven Mobilitätsmodernisierung. Jedoch kann auch
eine solche multimodale Verkehrswende die steigenden Distanzen kaum
dauerhaft klimaneutral halten, noch sind diese neuen Verkehrsangebote
eine Antwort auf die Entwicklungen außerhalb der prosperierenden dicht
besiedeltenStädte.DochgeradeinperipherenGebietenstelltdaseigeneAuto
nach dem neoliberalen Rückbau öffentlicher Infrastrukturen in der Fläche
(Graham/Marvin 2001) dieVoraussetzung für gesellschaftlichePartizipation
und die Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen dar. Die angespannten
Wohnungsmärkte in den städtischen Zentren versperren oder erschweren
zudemökonomischschwächerensozialenGruppendenZuzug.Zudemzeigt
die wachsende Zahl des sog. »VFR-travels« (visiting friends and relatives),
dass Bewegungen im Raumnicht nur Ausdruck individueller Bedürfnisse,
sondernauchderräumlichenAusdehnungsozialerNetzwerkesind.DiePro-
teste derGelbwesten in Frankreichhabendeutlich gezeigt,wie empfindlich
Teile der Bevölkerung auf Einschnitte in ihre Bewegungsfähigkeit mittels
privatemAutoreagieren.
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Titel
- Baustelle Elektromobilität
- Untertitel
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Autor
- Achim Brunnengräber
- Herausgeber
- Tobias Haas
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 450
- Schlagwörter
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Kategorie
- Technik