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72 TobiasHaasund Isabel Jürgens
passte sicheinundwarAusdruckundVerstärkerderzur Jahrhundertwende
vorherrschendenBeschleunigungseuphorie.Autorennen sind fast so altwie
das Auto selbst und für deren stetigeWeiterentwicklung bedeutsam. Das
automobile Leitbild des »schneller, schwerer, stärker, teurer« (Canzler/Knie
1994: 56) war bereits in den Anfangsjahren des Automobils angelegt. Es
ermöglichte zudem die Ausdehnung individueller Handlungsspielräume
undneueMöglichkeitenderRaumerschließung. Insofern ist dasAutomobil
sehr starkmit einemFreiheitsversprechen verknüpft – gerade imKontrast
zur Eisenbahn, die nach festen Fahrplänen verkehrt ohne auf individuelle
Bedürfnisseabgestimmtzusein.
Darüber hinaus weist das Automobil eine starke geschlechterpolitische
Dimension auf. Denn die Orientierung an Technik und Beschleunigung in
Verbindungmit demöffentlichen Charakter des Automobils,machte es zu
einer vorbehaltlichmännlichenDomäne– sowohl imHinblick auf die Ent-
wicklung, Produktion als auch die Nutzung. Allerdings waren in den An-
fangsjahrendesAutomobils,alsauchumdieAntriebtechnologiederZukunft
gerungenwurde,E-Autos eine ernstzunehmendeAlternative. Siewaren zu-
verlässiger undwurden vorwiegendvonFrauengenutzt: »DerReiz desVer-
brenners imVergleichzumE-Auto laggerade inseineranfänglichenUnvoll-
kommenheitbzw.Fehleranfälligkeit […].SiewarTeildesAbenteuers,beidem
insbesondereMänneresdaraufanlegtenzudemonstrieren,dasssiedieMa-
schineeigenhändigbeherrschten.Demgegenüberwurdedasdamalsvielver-
lässlichereE-Autoals ›Frauenauto‹stigmatisiert.« (Schwedes2013:49)Gleich-
wohl wandelten sich im frühen 20. Jahrhundert die Automobile.Waren sie
zunächstvorwiegendeinFortbewegungsmittel fürAbenteurerändertensich
mit der technischenWeiterentwicklung auch dieNutzungsformen und die
symbolischeAufladung.SostanddasAutozunehmendauchfürEleganzund
stilvolleFortbewegung.AutoswurdenabdieserZeitaufPlakatenoftmitFrau-
enbeworben (Sachs 1984: 53).DenFührerscheindurftenFrauen inDeutsch-
land allerdings erst ab dem Jahr 1958 auch ohne die Einwilligung des Ehe-
mannsoderVatersmachen (Felts2014).
Sowohl in derAnfangsphase, als dasAutomobil stärkermit Abenteurer-
tum verknüpft war, als auchmit wachsender Reife, als stärker die Eleganz
undVornehmheithervorgehobenwurde,hattedasAutomobil einenexklusi-
venCharakter.EswarAusdrucksozialerÜberlegenheitdervorwiegendstäd-
tischenOberschichtenundeingelassenineinepatriarchaleGeschlechterord-
nung.WährendindenUSAbereitsmitderEinführungderFließbandproduk-
tion inderProduktiondesFordModellT imJahr 1914undeinerwachsenden
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Titel
- Baustelle Elektromobilität
- Untertitel
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Autor
- Achim Brunnengräber
- Herausgeber
- Tobias Haas
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 450
- Schlagwörter
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Kategorie
- Technik