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Vrsteigrmz des Großglockncrs. 39
warte und hatten damit eine Höhe erreicht, welche Schlagiutweit mit
9813 P. F. angibt.
Hier oben auf dem Eiskamme erkannten wir mit Bedauern,
daß wir von der Spitze jedenfalls mir eine theilwcise Aussicht haben
würden, es war uns aber schon hier klar, wie entzückend sie sür Jenen
sein müsse, der so glücklich ist, sie rein anzntreffen. Denn ungeachtet
der gegen Nordoften und Osten sich massenweise chürmenden Nebel,
ja gerade aus ihrer Gestaltung entnahmen wir, daß in diesen Nich-
tnngen keine Höhe mehr die Aussicht in die weiteste Ferne beirrt;
blos das Schwerteck und der Kellersberg ragten unmittelbar an unsere
Scharte gereiht, gegen Südcsten noch mn ein Geringes über sie auf.
Dagegen stieg die Erhebung des Glockners über die Adlersruhe zur
kleinen Spitze zur Linken noch riesengroß über uns in die Lüfte.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber schon verkündeten
rothe Streifen im Osten ihr baldiges Erscheinen. Jetzt nahm nuch
der Kampf des anbrechenden Tages mit der Nacht sein Ende, und das
Farbenfpiel uou Grün zum Blau, welches in -dein Maße, als das
Silber des Mondlichts zerfloß, am Firniament die Oberhand gewonnen
hatte, wurde allmalig durch rothe Tinten belebter.
Während wir der Ndlcrsruhe zuschritten, trat endlich die Sonne
selbst hervor; bei dem kalten Winde ans der Höhe eine sehr willkom-
mene Erscheinung.
Auf dem Kamme zwischen der Hohenwarte und der Adlersruhe
eröffnete sich uns auch der Hinabblick auf den WOl) Fuß tief zu unfern
Füßen gelagerten Pasterzengletscher mit seinen Klüften und Abstürzen,
Auf ihn fällt die Nordseite des Eiskammes und der Glocknerspitzen
mit ihren Eisfeldern, welche letztere nach der Beschaffenheit des unter
dem Eise befindlichen Felsengerippes hier eisige Erhebungen zeigen, dort
wieber von Steinkämmen durchbrochen sind, steil ab. Gegen Süden
sinken dagegen der Eiskamm und die Spitzen bei Weitem nicht so tief,
aber fast noch steiler zu dem Salms- und Kemtzkeese hinab.
Der Schnee war noch immer hart gcmig, um uns als eine
feste Bahn zu dienen, und er begünstigte unsere Besteigung so sehr,
daß wir schon 42 Minuten, nachdem wir den Eiskamm bei der Hohen«
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918