Seite - 86 - in Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
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86 Ersteigung des großen Wicslachhorns.
über zwei Klafter langen Stange befestigt und die Stange etwa vier
Fuß unterhalb des äußersten Randes der Spitze auf dem Kapruner-
abhange in dem mit dem Bergstöcke aufgelockerten Eise aufgepflanzt.
Das Loch, in das die Fahne hineingetrieben war, wurde dann ringsum
mit Schnee verstopft, damit sie bei dem in der nächsten Nacht zu
gewärtigenden Gefrieren des Schnees gleichsam eingekeilt werde.
Wir schrieben noch insgesammt unsere Namen auf ein Papier,
zu welchem Ende einer der Führer aus dem besten Schlafe erweckt
werden mußte, gaben dies Papier in einen mitgebrachten Steiuftlutzer
und grubcu ihn, nachdem er fest verstopft worden war, dort ein, wo
sich beim Aufhauen schon festes Eis vorgefunden hatte. Möglich, daß
er einige Zeit den Veränderungen des Eises widersteht. Sicher ist,
daß die Führer so sehr die richtige Neberzeugung hatten, die Flasche,
welche im Jahre 1841 hier oben eingegraben wurde, sei schon längst
selbst in den Trümmern nicht mehr aufzufinden, daß sie jede Nach-
forschung darnach unterließen.
Endlich nach fünf Viertelstunden Aufenthaltes schieden wir wieder
von der Spitze. Wir hatten uns der Windstille und hohen Tempe-
ratur wegen auf ihr sehr behaglich gefühlt und waren in dieser Be-
ziehung weit glücklicher als die Ersteiger des Jahres 134l, welche der
großen Kälte halber kaum mehr als eine Viertelstunde oben auszu-
halten vermochten.
Es lag Anfangs in meinem Plane, einen andern Rückweg zu
versuchen. Nöderer hatte sich entschieden gegen die Möglichkeit aus-
gesprochen, von der Nordscite, vom Kamme über dem Sandboden aus
der Spitze beizukummm. Er hatte diesen Weg vom hohen Tenn genau
betrachtet und hielt die zu oberst, dem kleinen Wiesbachhorn gegenüber,
befindlichen, fast überhängenden Schneewände.für ein nicht zu besiegen-
des Hinderniß. Ich glaubte seinem geübten Blicke und verzichtete auf
jeden Versuch in dieser Richtung, sei es im Hinauf- oder im Hinab-
steigen.
Dagegen waren nebst Röderer noch mehrere der Thalbcwohmr
der Meinung, daß die Wiesbachhorn-Ersteigung über die Glockeriu
höchst wahrscheinlich minder gefährlich fei als auf dem bisher genom-
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918