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88 Ersteigung bcs großen Wiesbachhonis.
tief in die Klüfte mit dem Fuße, ja bis zum halben Leibe, und nur
der Schnee, der die Eisspalten fast durchgehends bedeckte, verhinderte
ein noch tieferes Versinken in denselben und nach einiger eigenen Be-
mühimg des Gefährdeten und mit Hilfe des rasch angespannten Seiles
war die Ordnung des Zuges jedesmal bald wieder hergestellt.
Wir folgten genau unscru Fußstapfcn vom Hcraufwege/Drohend
hing jetzt auf der letzten Strecke von der Einfattlung zu jenem Vor-
sprunge des Vratschenkopfes, über welchen wir der Klüfte halber vom
Gletscher weg gestiegen waren, eine Schncemassc auf der steilen Fläche
über uns und wir zogen deßhalb lautlos unter der gefählichen Stelle hin.
Als wir zu dem erwähnten Vorsprnngc gekommen, stieg der Bad-
meistcr in die Tiefe bcs Gletschers hinab, um den Bergstock aufzu-
suchen, welcher beim Anfwärtsstcigen bei einem Sturze einem der Ge-
fährten entfallen und über die Schneesiäche pfeilschnell hinabgeglitten
war. Ich verließ gleichfalls hier den Gletscher uicht, folgte des Bad-
Meisters Tritten bis zum Nande des Kceses unterhalb der Felspartie,
über welche die andern Gefährten eben kletterten und schritt dann immer
au diesem Äiande fort nach abwärts. Bald vereinten sich der Bad-
meister mit dem glücklich gefundenen Bergstocke und die von der Fels-
wand Herabgckommencu niit mir und nicht lange darauf hatteu wir
den Steinhaufen über der Tcufelsmnhle erreicht. Hier feuchteten wir
unsere ausgetrockneten Kehlen mit dem eiskalten Naß des Gletscher-
abflusseö an und zogen hieranf über das letzte steile Schnecfeli) dem
Punkte Zu, wo wir es im Heraufsteigen zuerst betreteu hatten.
Auf dieser Strecke war die Verbindung durch das Seil vou
wesentlichem Nutzen, denn auf einer der steilsten Stellen fiel einer der
Gefährten und sein Abgleiten in die schwindelnde Tiefe wurde uur
durch das Seil verhiudert. Doch auch dieses Mal machte sein Berg-
stock eine tolle Nutschfahrt, bis er durch eine Unebenheit des Bodens
in einiger Tiefe aufgehalten wurde. Rüderer ließ es sich nicht nehmen,
trotz meiner Gegenvorstellung den Stock zu holen. Mit stauneus-
werther Sicherheit stieg er die schiefe Ebene hinab, obgleich der Schnee
hier minder erweicht war, als auf dem der Sonne zugänglicheren höhern
Gletscherboden und kehrte bald mit der Trophäe zu uns zurück.
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918