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Von Kaprun nach der Iohamüshiitte auf der Pasterze.
sprächig zu werden. Die Erklärung dieses außerordentlichen Ereignisses
gab mir jedoch erst Herr Mathias Trcmner in Hundsdorf im Jahre
1856 durch die Mittheilung, daß Rüderer ihm erzählte, er habe sich
damals, als wir uns im Nebel auf der Hohe des Firmneeres befanden,
und dann wieder, als wir keinen Wcg zum tieferen Gletscher fanden,
schon gefaßt gemacht, auf dem Eise übernachten zu müssen, und da sei
ihm unheimlicher geworden, als jemals früher in seinem Jäger- und
Vergführerleben.
Ein nicht lange andauernder, doch dichter Negen, der uns auf
dem Gletscher unterhalb des hohen Sattels überraschte, trug dazu bei,
daß ich noch nach Heiligenblut zu gehcu beschloß. Denn war ich wegen
des oft fußhohen Schnee's schon früher bis fast zum Knie herauf ganz
dnrchnäßt, so waren jetzt auch meine Kleider naß geworden, und es
schien mir am allerwenigsten in diesem Zustande wiinschenswcrth, in
der kalten Höhle, Wallnerhütte genannt, anf nur zu sehr belebtem Heu
und nach einem Abcndmahle, bestehend aus primitiven „Mannten,"
eine Nacht zuzubringen.
Wir eilten sofort im raschesten Schritte nach Hciligenblut, wo
wir beiläufig um ^8 Uhr eintrafen. Die Heiligenbluter Führer hatten
die Möglichkeit des Gelingens der eben beendigten Bergreise in Abrede
gestellt; ich theilte jetzt mindestens dem Wirthe die Thatsache des gelun-
genen Ueberganges mit und schrieb auch eine kurze Andeutung darüber
in das Glocknerbuch.
Den eigentlichen Unglückspropheten konnte ich sie diesmal nicht
bekannt geben, weil meine Zeit für das Gebirge in diesem Jahre bereits
zu Ende war. Ich trat deshalb am frühesten Murgen des folgenden
Tages ganz wohl und selbst von dem Gefühle einer durch die verdünnte
Luft gereizten Gesichtshaut und vom Schneeglanze empfindlich gewordener
Augen, welches mich in der Nacht einigermaßen belästigt hatte, befreit,
mit meinen zwei wackeren Führern den Rückweg über den Fuschertauern
nach dem Pinzgau an, und saß Abends schon im Hause des sehr ehrend-
werthen Brauers Poschacher zu Zell am See.
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918