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168 Äus dem Taucrnhciusc Feileiteu auf den Kloben.
Tauern gehen, sondern mich in Ferleiten erwarten solle, wohin ich sicher
gegen Abend aus dem Fuscherbade kommen würde. Als sich der
24, August schön anließ, traf ich daher Abends, ausgerüstet zu einer
größeren Alpenreise, in Ferleitcn ein. Allein Sepp, dem eine tief
berechnende Weisheit nicht abgesprochen werden kann, hatte sich, als
ihm am Vorabende die Versuchung einer Führung über den Tauern
nahe getreten war, wahrscheinlich gedacht, daß ich auf ihn warten
müsse, weil er allein den beabsichtigten Weg kenne, und das; zwei
Fremdenführungen einträglicher seien als eine, und war trotz aller
Anzeichen des schönen Wetters am Morgen mit Reisenden über den
Tauern nach Heiligeublut gegangen. Noch blieb die Möglichkeit übrig,
daß er in der Nacht nach Hanse komme, und so ging ich in ganz
anter Laune zu Bette. Als aber der nächste Murgeu schön wie kaum
ein zweiter in de« letzten Wochen nnd Nöderer nicht zurückgekehrt war,
ärgerte ich mich weidlich über den alten Taueruläufer.
Ich wollte das herrliche Wetter nicht unbenutzt lassen, und da
ich mit Kennern unserer Gletscher wiederholt besprochen hatte, daß die
Kecsc des Wiesbachhoms zu den am tiefsten herabreichcuden Gletschern
in den österreichischen Alpen gehören dürften, so machte ich mich mit
dem Barometer auf, um bis zum Ende des Pockeneikeeses hinauzusteigm
und seine Höhe zu messen. Der Weg führte mich über die Fögalalpe
und über jene Grasmulden, über welche ich auch nach der Ersteigung
des Wiesbachhorns den Rückweg nach dem Tancrnhause genommen
hatte. Ich mußte so manche Mulde durch- und überschreiten, bis ich
an den Felstrümmern der Nandmoräne und bald darauf an der sechs
bis acht Klafter hohen in der Mitte geschründeten und nach vorne
geneigten Eiswand angelangt war, mit welcher das Kees auf seiner
Nordostseite endigt. Ich fand hier die Seehöhe mit 5494 W. F.,
mehr südlich, dort wo der Gletscher flach endet und sein mächtigster
Wasserabfluß zwischen Felsen zur Tiefe schießt, mit 5531 W. F. Wenn
auch tief herabreichend, ist darnach selbst dieses am weitesten zu Thal
steigende Kees des Wiesbachhorns nicht unter die tiefsten Gletscher
unseres Gebirges zu rechnen, und der Irrthum, daß man vom Thal-
wege in ganz knrzer Zeit das sichtbare Gletfcherende zu erreichen meint.
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918