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Ersteigung bes IohanmsbergeZ »uf der Pasterze.
groß, von einem nicht etwa gedrungenen, sondern kräftigen und doch
dabei höchst elastischen Körperbau. Seine blonden Haare und unge-
meine Beweglichkeit lassen ihn jünger erscheinen als er ist, und wer
seine Biographie nicht kennt, würde ihm eben so wenig seine etliche
und fünfzig Jahre als die vielen Campagnen anmerken, die er auf
den Vergeu gegen Gemsen, aber nicht minder mannhaft iui Heiligcu-
bluter Gasthanse schon zu Zeiten Pichler des Großvaters, dann her-
wärts des Sohnes und Enkels bis zu denen des gegenwärtigen Be-
sitzers, des Herrn Franz Schober, welcher ihn unter die fleißigsten
und insbesondere unter die an: längsten ausdauernden Besucher seines
Hauses zahlt, durchgemacht hat und noch durchmacht. Ich füge noch
bei, daß Plattl in der gewöhnlichen brannen Jacke und iu dem niedri-
gen runden Hute der Heiligeublutcr angerückt kam, und habe nun
mein Möglichstes gethan, um ihn der lesenden Welt nahe zu rücken.
Als er den die Schnapsfrage betreffenden Theil der Wahlcapi-
tulation angenommen hatte, verabredeten wir, nm 3 ^lhr Nachmittags
nach der Wallnerhütte aufzubrechen.
Genau um diese Stmide erfolgte unser Ansmarsch. Der Neg
auf die Pasterzc ist so oft beschrieben worden, daß ich ihu füglich als
bekannt voraussetzen kann, Erst am rechten Nfer der Moll fortschreitend
geht mau bei einer Häusergrupfte auf das linke Ufer über. An ihr
braust der Bach au« dem Gutthat znr Moll hinab. Bald steigt der
Weg an der nördlichen Thalwand steiler zum niedern Sattel.
Der schöne Gößuitzfall auf der südlichen Thalwand bleibt uus
verdeckt, dafür sehen wir zu unsereu Füßen die Kette von uicht unbe-
deutenden Fallen, welche die Moll macht, um ans der Schlucht, in
deren Tiefe sie, seit sie am Ende des Pastcrzengletfchers an das Tages-
licht getreten ist, fortan fließt, auf den Thalbodeu von Heiligenblut zu
gelangen. Haben wir mit dem niederen Sattel die stärkste Steigung
auf die Pasterze überwunden, so kommen wir zu der im Walde gele-
genen alten Briccins-Kapelle. Ihr Bau ist verfallen, aber ewig jung
spendet die Quelle an ihr köstliches klares Wasser zur Labung der
Wanderer,
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918