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Ersteigung bes IohanniZberges auf der Pasierze. 205
Wir hatten jetzt den kleinen Burgstall in einiger Entfcnning zur
Rechten und begannen im Naume zwischen ihm und der untersten Er-
hebung des Glocknerkannncs auf den letzten Senkungen des obersten
Bodens auf das obere Pasterzenkees aufwärts zu steigen. Eine steile
Partie nöthigte uns die Fußeisen anzuschnallen. Während wir damit
beschäftigt waren, bemerkten Plattl nnd Nöderer eine Gemse, die An-
fangs auf den Wänden des kleinen Burgstalls herumkletterte und.sich
dann gegen den Gletscher wandte, auf welchem sie für uns verschwand.
Die beträchtliche Steigung und die nächstfolgenden Abhänge
zwischen den beiden Keesböden waren überwunden und nun rollte sich all«
inälig eine Ncihe von Gletschcrscenerien der eigenthümlichsten Art uor
uns auf, alle einander höchst ähnlich den Hauptbestandtheilen nach und
doch nnter sich himmelhoch verschieden, ohne Ansnahme aber ungemein
wirksam durch ihren Charakter ernster Grüße.
Zur Linken erhoben sich die Glockuerspitzen und später die
Glocknerwand von unserem Wege an in der bizarrsten Gestaltung ihrer
Felswände und ihrer Gletscherabbriiche zu ungeheuerer Höhe.
Plattl hat mir für die Felszacken, mit welchen der Glöckner»
tamm auf die Pasterze herabsteigt, und besonders für jene unterhalb
der Olocknerwcmd den bezeichnenden Namen Teufelskamp genannt.
Dort, wo sie aus Chloritschiefer bestehen und ihr grüner Staub die
Eismassen bebeckt, gibt es, wenn noch blaue Gletscheranbrüche dazu
kommen, ganz originelle Bilder.
Anders war die Ausschau nach Norden. Dort sahen wir im
Halbbogen vom großen Burgstalle bis unterhalb des Iohannisberges
den Absturz des obersten auf den mittleren Pasterzenboden. Nicht so
wild wie der tiefere Absturz auf den unteren Boden, gleicht er in seiner
Ausdehnung über ein ungleich weiteres Gebiet vielmehr den erstarrten
Wogen einer vom Sturme gepeitschten See.
Von benannten Objecten ragt in der Eiswüste auf dem Nord-
rande des Keeses der Breitkopf, dann der Eiswandbühel und mächtiger
als sie der mittlere Bärentopf auf, über dem uns schon bekannten
großen Burgstall aber der im Firnmeere selbst liegende hohe Burg-
stall, welcher in Heiligenblut die Wand genannt wird. Zu ihnen ge-
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918