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212 Ersteigung bes Ioh anmöberges auf der Pasterze.
wurde ich im gewohnten Bergschritte auf eigenthümliche Weise beirrt.
Wir waren am Seile, Platt! vorne, ich in der Mitte, Röderer rück-
wärts. Nun stieg Platt! ungcmeiu rasa) und ich wurde deßhalb durch
das Seil häusig vorwärts gezogen, Nöderer ging viel langsamer als
ich, und so war das Seil zwischen uns stets gespannt und ich war
bisweilen förmlich iin Gehen aufgehalten. Dieses Paralysircn meiner
Muskclthätigkcit wurde mir endlich geradezu unangenehm und ^etzt
brachte ich freilich durch eiu entschiedenes Kommandowort einen gleiche»
Schritt !u die Koloune.
Neber jene Kluft vor der letzten Erhebung, die eigentliche Firn-
kluft, kamen wir ohne Schwierigkeit, wcil sie sich ganz gut nach Links
umgehen ließ. Allein in seinem obersten Theile, der nun so ziemlich
Ullii Südosten erstiegen werden mußte, überraschte uns der Iohanuiö-
berg durch eine Steilheit, die man ihm von der Ferne gar nicht an-
sieht. Ich glaube, daß das letzte Stück znr Spitze ebcn so gut eincu
Neigungswinkel zwischen 30 bis 40 Grad hat wie die kleine Glockucr-
spitze, nur daß die steile Erhebung auf dem Iohauuisberge nicht so
hoch ist wie anf dem Glockner.
Um II Uhr betraten wir nach glücklicher Besicguug aller Hiudcr-
uisse die höchste Spitze. Wir keimen sie von der Schilrcrung der
Physiognomie unseres Berges her als ein Plateau, das sich sanft nach
Norden neigt, wo es dann plötzlich steil abbricht.
Jedem, der nicht so specielle Zwecke verfolgt haben würde wie ich,
hätte der Blick von der Spitze trostlos gemacht. Die Befürchtungen,
die der ringsum ziehende Nebel nud der verdächtige Wind schon auf
dem hohen Sattel in uns erweckt hatten, waren gegründet. Ueberall
auf den Höhen lagerten Wolkcumassen und ein Unwetter war bevor-
stehend. Wir hatten gar keine Fernsicht, sogar das nahe Wiesbach-
horn war nicht einmal auf Augenblicke sichtbar und der Großglockner
hatte sich in dichte Nebel gehüllt.
Selbst aus der Umrahmung der^Pasterze sah ich nur die hohe
Niffel, danu den Nordrand ini Zuge vom vord:ren Värenkopf über
die schöue Pyramide des mittleren Bareukopfes, über welcher die schwarze
Wand des großen Bärenkopfes sich erhob, während auch seine Spitze
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918