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222 Ersteigung b«s Ankogcls bei Gastcin.
die Beständigkeit des Wetters überhaupt und vorzüglich die vermin-
derte Gefahr plötzlicher Hochgebirgs-Gcwitter, die geringere Dichtigkeit
der Atmosphäre, endlich das, durch die vorhergegangenen Sommermonate
bewirkte, Freisein der Höhen vrn Schnee diese Unternehmungen begünstigen.
Über mn derlei Züge vollführen zu können, müssen, wie dieö
aus dein eben Gesagten hervorgeht, der Juli und wohl auch die erste
Hälfte des Augusts schon vorgearbeitet haben. Sie haben das Geschäft
den Weg zu bahnen. Nur ihre längeren Tage mit der kräftigeren
Sonne sind geeignet, den im letzten Winter gefallenen Schnee zu zer^
stürcu. Ist im Juli uugünstiges Wetter mit häufigem Negeu — im
Hochgebirge ebcu so oft Neuschnee — s« darf die Nugnstsonnc sehr
thätig sein, um auch mir die erst vor Kurzem gefalleneu Schncelageu
zu beseitigen, der Wiuterschnce bleibt dann jedenfalls unangefochten,
und durch ihn sind alle großen Gedirgsstiege dem miuder Kühnen
unmöglich gemacht, dem Milchigen aber mindestens bedeutend erschwert.
Als ich daher in den letzten Tagen des Juli Wien zu einem
Besuche der Alpenwelt auf eiuige Wocheu verließ, that ich es mit nur
geringer Hoffnung, daß dieser Ausflug durch eine bedeutende Gletscher-
Erpeditiou gekrönt werde.
Ja ich wählte mir Gastein als das Ziel meiner Ercursion nicht
nur wegen des Reizes seiner friedlichen Nlpenthäler, sondern zum Theile
wohl auch aus dem Grnnde, weil ich wnßte, für den Fall, daß Jupiter
Plnllius noch nicht müde wäre, sein regentriefendes Scepter zu schwin-
gen, in der angenehmen Geselligkeit des Badeortes einen Ersatz für
die Unannehmlichkeiten schlechter Witterung im Hochgebirge zu finden,
wie ihn kein anderes Hochalpenthal zn bieten vermag.
Sollten aber das Glück und die Himmelszeichen mir günstig
sein, so ließe sich, dachte ich, ja auch von Gastein aus Großes unter-
nehmen: es ließe sich dann allenfalls der Ankogel, auf den ich schon
lange ein Auge geworfen, besteigen.
In Salzburg und überall, wo ich auf der Fahrt nach Gastein
meinen Plan einer Ankogel-Ersteigung laut werden ließ, erklärte man
mir rund heraus, daß ich bei der Masse Schnees, der heuer die Hö-
hen bedecke, mein Ziel durchaus nicht erreichen würde.
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918