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Ersteigung des Ankogels bei Gastein. I39
steigen. Hier fällt aber, wie dies bereits früher besprochen wurde,
der Rücken sehr steil und zwar ohne Zwischenthäler, höchstens durch
Gletscherklüfte unterbrochen bis in die furchtbare Tiefe der Schlucht ab.
Bei solch' großer Neigung und der ungemeinen Höhe wagten wir es
nicht auf den Bergstock gestützt abzufahren, indem wir leicht hatten
zerschmettert werden können, wenn wir, wie es auf derlei Fahrten dem
minder Geübten gewöhnlich geschieht, das Gleichgewicht verloren hatten
und dann auf der dadurch veranlaßten russischen Abfahrt unglücklicher«
weise mit dem Kopfe voran abgerutscht sein würden.
Ware der Schnee erweicht gewesen, so hätten wir zwar beim
Hinabsteigen die Unannehmlichkeit des Einbrechens in denselben gehabt.
Jetzt aber bei seiner harten Beschaffenheit drohte auf der steilen Wand
bei jedem Tritte die Gefahr auszugleiten, und dann die Nutschfahrt
wider Willen machen zu müssen, welche wir uns nicht getrauten frei-
willig zu unternehmen. Wir gingen daher nur sehr langsam und
schlugen bei jedem Tritte den Fuß mit aller Kraft in den Schnee, um
besseren Halt zum nächsten Schritte zu haben. Auch stiegen wir allmälig im
Zickzacke abwärts. So schritten wir, ich und Haidacher, in der einen Hand
den Bergstock, mit der andern uns wechselweise unterstützend, und beim
oftmaligen Ausgleiten vor dem Falle zu erhalten suchend, wobei mir
natürlich der Führer noch bessere Dienste leistete als ich ihm, lange
Zeit fort, bis wir endlich in eine Tiefe kamen, wo der Schnee bereits
etwas erweicht war, und wir wieder unsern Weg jeder nach Be-
lieben wählen konnten. Unterdessen hatte auch der Ankogel sein Haupt
gänzlich in Nebel gehüllt. Uns aber schreckte dies nicht mehr, da wir uns
schon den menschlichen Wohnungen als Zufluchtsstätten näherten.
Wirklich langten wir, ungeachtet ich in der Subalpinenregion
mit dem Pflücken eines Alpenstraußes, der freilich wenig botanisches
Interesse bot, dafür aber aus den glühendsten Rhododendren, aus
Eisenhütchen, den zarten Glöckchen der Soldanellen, herrlichen Gen-
tianen und änderen lieblichen Kindern Floras bestehend, das Auge
durch die schönsten Farben erfreute, und mit der Besichtigung einig«
interessanten Mineralien, worunter besonders ein mächtiger Glimmer»
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918