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266 Dns Mcilwthal in Käritthcn,
wir diese Hütte doch nur im durchnäßten Zustande. Wir hatten auf
dem Wege vom Pflügelhofe bis Hieher kaum drei Stunden zugebracht.
Unsere Absicht war es ursprünglich, in der etwa eine Viertel-
stunde entfernten geräumigeren Anemann-Alpe zu übernachten, Da aber
der Regen anhielt, bis es dunkel geworden, waren wir genöthigt,
'unser Nachtlager hier zu nehmen, obschon die Hütte klein ist und auch
sonst wenig Einladendes an sich hatte.
Die Nacht brachte ein Ereigniß, das mich anfangs fast beäng-
stigte. Ich wurde dnrch einen wilden Lärm in der Ferne erweckt, der
durch das Unregelmäßige seiner donnerähnlichen, durch ein Krachen wie
von Flintengeknatter unterbrochenen Schläge wirklich schauerlich anzu-
hören war. Die gleichfalls wach gewordenen Führer erklärten den Lärm
dadurch, daß irgendwo ein Bergbruch erfolgt sei und zwar glaubten
sie nach der Nichtung des Schalles, die Mure könne cm der Trazalpe
Heralgegangen sein, in deren Nähe erst vor Kurzem eine Hütte durch
ein ähnliches Ereigniß zerstört worden sei. Es dürfte sich in mir wenig
Anlage zur Ängstlichkeit finden lassen, aber diesmal gerieth ick) wirtlich
in Sorge um meinen Reisegefährten in der Traralpe und mnßte mir,
uni wieder die Unruhe los zu werden, sagen, daß der Bergsturz nicht
eben die einigen Klafter Breite aufsuchen werde, welche die Trarhnttc
einnimmt. Endlich schlief ich ini Gedanken an den morgigen Tag ein
und erwachte erst am frühesten Morgen, dann aber unter wenig
erfreulichen Aussichten.
Das Wetter war so unfreundlich, daß ich anfangs zweifelte,
ob ich nicht besser thäte, in das Thal zurückzugehen. Später besserte
es sich in etwas, die Nebelballen auf den Bergen wollten sich jedoch
nicht lösen.
Znletzt verließ ich um halb 5 Uhr die Alpe mit dem einen
Führer. Der andere war zur Ancmannhütte vorausgegangen. Bald
aber war der Steig verfehlt und kletterten wir auf einem AbHange
in einem wahren Labyrinthe von Felstrümmern und Stauden herum,
aus dem wir, wenn wir noch im Dunkel des vorigen Abends zur
Anemannalpe gegangen und in dasselbe gerathen wären, schwer heraus-
gefunden haben würden. Schließlich sahen wir die stattliche Alpenhütte
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918