Seite - 339 - in Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen

Ein Streifzug dies- und jenseits der Tauern. 339 Hause und bald darauf faud man ihn in ganz geringer Höhe auf dem Falkenstein in aufrechter Stellung todt in einer ihm nur bis zur Brust reichenden Lawine. Wahrscheinlich war er in Folge des Druckes der Lawine einem Schlagflusse erlegen. Wir meiuten, wir würden bei unserer Ankunft in Krimml Alles im tiefen Schlafe antreffen, irrten aber darin sehr. Denn als wir an Kerschdorfers Hause hielten, horten wir drinnen Gesang und fanden daun in der Gaststube noch drei oder vier Männer beisammen sitzen. Es waren Tiroler Kästräger, welche in früher Morgenstunde auf- brechen sollten, nnd es vorzogen, anstatt schlafen zu gehen lieber gleich die ganze Nacht beim Schnaps zuzubringen. Der zur Bedienung wach gebliebene Hausgenosse Kerschdorfers wies uns, nachdem sein Erstaunen über unsere verspätete, oder ver» friihte, Ankunft durch die Erzählung unserer Schicksale in Theilnahme verwandelt worden war, in das der Gaststube gegenüber liegende Extrazimmer imd weckte hierauf Gerl — Gertrud —- die ältere Tochter des Hauses, damit sie das Weitere mit nns abmachen könne. Bald erschien die auch als Trautcl bekannte und gepriesene Gerl. Ich hatte sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Damals war sie beiläufig Igjährig und in voller Blüthe. Seitdem war die Zeit freilich anch an ihr nicht spurlos vorüber gegangen, dafür aber ist sie gefällig und freundlich wie früher, ja ihre Erscheinung ist dadurch noch ange- nehmer geworden, daß sie bei aller Natürlichkeit an den Formen im Umgänge mit Fremd'en entschieden gewonnen hat. Auch um uns nahm sie sich auf das Theilnehmendste an: leider, daß wir sie sogleich ver- drießlich machen mußten. Sie hatte, obschon das Haus voll von Fremden war, doch noch ein paar Betten für uns ausfindig gemacht und theilte uns dies mit einer gewissen Befriedigung mit, als ich ihr bestimmt erklärte, daß wir zwar hofften sie werde uns bis 4' /^ Uhr Morgens ein Frühstück, bestehend aus Allem, was gut nnd theuer ist, bereiten, aber bis dahin hier in der Stube bleiben und uns nicht mehr zu Bett legen würden. Auch die Gründe dieses Entschlusses setzte ich ihr auseinander, daß wir nämlich jedenfalls um 4 Uhr aufstehen wollten, um noch