Seite - 349 - in Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen

Cin Streifzug dies« unb jenseits der Tauern. 349 zu künnen, ohne das Herz des gutmüthigen Burschen zu sehr zu kränken. Wirklich begrüßte uns gleich bei unserem Eintritte in die dunkle und niedere, doch geräumige Gaststube eine Dirne. Doch wenn wir auch zugebeu mußten, daß ihr Teint zarter sei, als dies gewöhnlich bei den Aelplerinnen der Fall ist, so fanden wir dafür, daß der Ge- sichtsbildung und dem Wüchse des Mädchens viel fehle, um es auch nur hübsch nennen zu können. Wir räumten daher dem Führer unbe- dingt das Feld und beschäftigten uns ausschließlich mit den darge- reichten Erfrischungen. Als aber beim Abschiede von nns für etwas Milch, Butter und Brot ein höchst überspannter Preis gefordert wurde, waren wir einstimmig der Anficht, daß, wenn das Zuviel der Bezah- lung ein Eintrittsgeld für das Beschauen der Gebirgsschönheit sei, wir es jedenfalls vorzögen, in einein äivlui «i-iunwl oder in einem Vorstadttheater der Residenz beim Auftreten einer ausländischen Tän° zerin ein noch etwas höheres Entrüe zu zahlen und dann dafür doch eine eigentliche Schönheit zu sehen. Vom Tanernhanse an spricht sich der Hochgebirgscharakter mit jedem Schritte entschiedener ans. Die Gräser und Blumen werden kürzer und duftender, der Baumwuchs spärlicher, die Luft weht uns erfrischend von den nahen Gletschern entgegen. Etwa in einer halben Stunde gelangten wir an die Unlaßalpcn, bei denen sich das westlich ziehende Windbachchal von dem gegen Süden fortlaufeu'den Achenthale trennt. Wir hatten oberhalb der Wasserfalle den Schlachtertauem süd- lich über dem Thalboden erblickt. Jetzt baut sich der Dreihernispitz im südlichen Hintergrunde des Achenthales auf, während es östlich der gewaltige Schlieferspitz begrenzt, westlich aber der Schlachtertauem, dessen Verlängerimg nach Norden, welche man mir mit dem auf keiner Karte aufzufindenden Namen Wagnerspitz bezeichnete, den Eckpfeiler zwischen der letzten Strecke des Achenthales und dem Windbachthale bildet. Das Wiudbachthal liegt höher als das Achenthal, und in Krüm- mungen steigt der Tauernweg einen waldigen Hilgel zu ihm hinan.