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Ein Streifzug dies- und jenseits ber Tcmeru.
Am Fuße des letzteren lagert ein mächtiger, nach oben zu mit der
Erhebung verbundener Palfen, dessen übergn'intes Plateau den herr-
lichsten Hineinblick nach dem Schlüsse des Achenthalcs und auf den
Dreiherrnspitz gestattet. Genießen wir das Bild, es ist für lange Zeit
das letzte, welches den Eindruck des Großartigen gewahrt, ohne ihm
durch den Charakter der Verwüstung eine trübe Beimischung zu geben.
Das Achenthal liegt mit grünem Schoße von den Hütten zu unseren
Füßen, bis dort, wo es im Süden der Dreiherrnspitz wie ein Riesen-
Wall seiner ganzen Breite nach quer abschließt, zwischen den Berghal-
den vor uns gebreitet da. Der gewaltige Firnberg sendet das Pret-
tauerkees bis auf den Thalboden herab, und deutlich unterscheidet man
die einzelnen Pyramiden, Säulen und Würfel von Eis, die Felsstücke
der Randmorane, selbst die Guferlinien der verschiedenen Abtheilungen
des prächtigen Gletschers. Es gibt kaum einen andern Standpunkt,
von welchem sich der Dreiherrnspitz so vortheilhaft und der viereckige
Aufsatz von Eis auf seiner höchsten Spitze so eigenthümlich ausnimmt,
und hier begreift man erst, wärmn gerade cr von den Geographen als
Markstein zwischen den rhatischen und norischen Alpen angenommen
wurde, ungeachtet der Zug der Tauern bei seinem westlichen Nachbarn,
dem Fcldspitz oder Windbachspitz beginnt und ungeachtet in seiner
nächsten östlichen Nähe der Großvenediger zu noch bedeutenderer Höhe
emporsteigt. -
Denn abgesehen von seiner breifachen Abdachung zur Salzach,
Etsch und Dran, und abgesehen davon, daß er einst der Orenzhüter
der drei Gebiete von Gorz, Tirol und Sahburg war, ist er, wie man
dies hier am besten erkennt, die eigentliche westliche Ecksaule des ersten
größeren Gletschergebietes in den Tauern, des Vcnediger Eismeeres,
während alle andern noch westlicher und südwestlicher vorkommenden
Vereisungen der Tauern als bloße Ausläufer davon betrachtet werden
müssen.
Als wir die Höhe in das Windbachthal hinanstiegen, fühlten
wir bald, daß sie zu steil sei, um in der Sonnenhitze nicht höchst un-
angenehm zu werden. Zwar gewährten Lärchen und Zirbelnußkiefern
oder Arven (piuuL osiui»»,) etwas Schatten, doch sie folgten sich in
immer größern Zwischcnräumen und verschwanden znletzt ganz.
Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Titel
- Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen
- Autor
- Anton von Ruthner
- Verlag
- Carl Gerold's Sohn
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.8 x 19.2 cm
- Seiten
- 440
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918