Seite - 363 - in Berg- und Gletscher-Reisen in den österreichischen Hochalpen

Ein Gtreifzug dies« und jenseit« der Tcuicm. Z83 Das Wirthshaus in St. Wolfgang im Rainthale hat nebstdem noch den anderen Vorzug, daß man nur vor seine Schwelle zu treten braucht, um den Anblick des Bachernthales zu genießen, an dessen Schlüsse der Hauptstock der Niesenfernergruppe mit feinen prachtvollen Contonren lagert und seine Gletscher bis tief herab auf die Thal- grüude sendet. Ich fand eine auffallende Nehnlichkeit des Thalfchlusses mit der Dachsteingruppc vom vordern Gosausee geseheu. Wie der Thorstein, steigt hier der Hochgall, muthmaßlich die höchste Spitze der Riesen- ferner, mit einer dem Thorstein formverwandten Kuppe mitten aus Gletschern empor, und auch die Einsattlungen auf der linken Seite sind bei beidm Bergen sehr ähnlich. Nur ist der Hochgall fast bis zur höchsten Spitze begletschert, und während sich auf der rechten Seite des Thorsteins ein scharfer Abfall befindet, zieht sich vom Hochgall der Niescnferner nach Rechts hin und überragt nach einer Krümmung nach vorne zu noch einen' Theil der südlichen Seitenwand des Bachern- thales. Uebrigens glaube ich nach der Beurtheilung mit dem bloßen Auge wie mit dem Fernrohre, daß der Hochgall weit über 10,000 Fuß hoch, unter die bedeutendsten Hochspitzen der Tauernkette zu reihen kömmt. Wir hatten heute erst drei Stunden zu Fuß gemacht und konnten uns also noch einen tüchtigen Marsch zumuthen. Wir wollten daher bis St. Jacob in Tefferecken gehen, bis wohin nach der Angabe der Leute von St. Wolfgang durch das Knuttenthal und über das Klammljoch 6 bis 7 Stunden sein sollten. Dann aber mußten wir spätestens um 1 Uhr St. Wolfgang verlassen, und die Wirthin wurde darum er- sucht, uns bis dahin einen Führer zu stellen. Bei der schwachen Bevölkerung des Nainthales, welche noch großentheils der Heuarbeit wegen auf den Alpen abwesend war, konn- ten wir uns Glück wünschen, als uns ein solcher wirklich zugesagt wurde, und es blieb uns auch keine Einwendung übrig, als sich zur bestimmten Zeit ein alter, sehr gebrechlich aussehender Mann, auf dessen Eigenschaft als Bergsteiger zudem eine lange weiße Schürze das zweifelhafteste Licht warf, als Führer einfand.