Seite - 40 - in Berg- und Gletscherfahrten in den Alpen in den Jahren 1860 bis 1869

40 D« Pyramide. sprachen vom Schlafen, Zum Glück fanden wir einen gangbaren Weg, und als bald darauf Einer von nns rief: „Blickt auf den Viso!" nahmen wir wahr, daß wir fast über ihn wegsahen. Mit verdoppelter Energie arbeiteten wir nns weiter und entdeckten nun dcu Anfang des Gletschers, der von der Gipfelflache hernicder- strömt. Dieser Anblick flößte uns neue Hoffnung ein, da wir nun wußten, daß wir uns nicht getäuscht hatten, und wir begrüßten den lange ersehnten Schnee mit einem Freudengeschrei. Eine breite Spalte trennte uns von demselben, doch fand sich eine Brücke, die wir glücklich überschritten, nachdem wir nns an einander gebunden hatten. Kaum hatten wir auf der anderen Seite der Spalte einige Schritte gemacht, so erhob sich eine schöne, mit Schnee bekleidete Spitze vor uns. Der alte Semiond rief: „Die Pyramide, ich sehe die Pyramide!" „Wo, Semiond, wo?" „Dort, oben auf jener Spitze!" Dort lag in der That der Steinhaufen, den er vor mehr als dreißig Jahren aufzuschichten geholfen hatte. Wo aber war der Pic des Urcines, den wir sehen sollten? Wir sahen ihn nir- gends, und nur eine große Schneefläche, von drei Spitzen begrenzt, zeigte sich uns. Betrübten Herzens gingen wir auf die Pyramide zu nnd klagten, daß wir keine Eroberung machen könnten. Kaum waren wir indessen zweihundert Schritte weit gegangen, so stieg links vor uns ein prächtiger weißer Kegel auf, der bis jetzt durch einen Schneeberg unseren Blicken verhüllt worden war, „Der Pic des ArcineZ!" riefen wir und fragten Semiond, ob er etwas von einer früheren Ersteigung dieses Pic wisse. Er konnte uns weiter nichts sagen, als daß die vor uns liegende Spitze die Pyramide heiße, da er selbst die Steine zum Denkmal mit getragen habe, und daß seitdem Niemand oben gewesen sei. „So ist Alles in Ordnung, vorwärts!" riefen wir und wendeten uns im rechten