Seite - 256 - in Berg- und Gletscherfahrten in den Alpen in den Jahren 1860 bis 1869
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286 Wir erstehen den hüchsten Gipse!,
kehrt sich gegen den Glncier Noir und bildet eine der steilsten
Felswände der Alpen. Die zweite liegt gegen den Glacier du
Vallun »nd ist weniger steil als die erste, auch im Winkel nicht so
gleichförmig. Die dritte ist dem Encula-Gletscher zugewendet, und
auf dieser Seite näherten wir uns dein Gipfel. Man denke sich
eine dreieckige Fläche, die 700 bis 800 Fuß hoch ist, in einem
Winkel von mehr als 50 Grad niedergeht nnd glatt und glasartig
ist. Man denke sich die höchsten Ränder in Spitzen und Zähnen
ausgeschnitten und nach verschiedenen Richtungen gebogen. Man
denke sich endlich die glasartige Fläche mit kleinen Steintrttmmern
bedeckt, die sehr schwach befestigt, aber dafür mit Eis überzogen
sind, und man hat eine kleine Vorstellung von der Bergspitze, vor
der wir standen. Es war unmöglich, das Loslösen von Steinen
zu verhüten, deren Sturz immer die stärksten Ausdrücke hervorrief.
Die besten Freunde würden sich in einer solchen Lage nicht geschont
haben. Wir erreichten den östlichen Grat und bemühten uns eine
halbe Stunde, uns zum Gipfel emporzuarbeiten. Es war unnütz,
denn jede Elle weiter kostete eine unglaubliche Zeit. Da wir die
Bekanntschaft des Glacier Noir auf eine eilige Weise nicht zu
machen wünschten, so bliesen wir zum Rückzüge und kehrten zum
Schrunde zurück. Abermals hielten wir Rath und sprachen ein-
stimmig die Ueberzeugung aus, daß wir geschlagen seien, wenn wir
uns nicht an: oberen Rande des Schrundes forthelfen und den
Gipfel nahe an dessen Spitze erklimmen könnten. Croz zog den
Rock aus und ging an die Arbeit — auf dem Eise, nicht auf dem
schwarzen Eise, von dem man so viel spricht und das man so
selten sieht, sundern auf Eis, so hart, wie es nur welches giebt.
Die Führer hatten eine ermüdende Arbeit. Croz hieb eine halbe
Stunde lang Stufen und schien nicht vorwärts zu kommen. Einer
der am weitesten Zurückgebliebenen, der sah, wie groß die Arbeit
Berg- und Gletscherfahrten in den Alpen in den Jahren 1860 bis 1869
- Titel
- Berg- und Gletscherfahrten in den Alpen in den Jahren 1860 bis 1869
- Autor
- Edward Whympers (Friedrich Steger)
- Verlag
- George Westermann
- Ort
- Braunschweig
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.2 x 18.4 cm
- Seiten
- 490
- Schlagwörter
- Alpen, Gebirge, Natur
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918