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Polyglottes Habsburg | 25
ein Begriff, der den Herrschaftsraum der Habsburgermonarchie mit dem mehr-
sprachigen Erfahrungsraum Zentraleuropa verknüpft.8 Die zentrale Frage, die hier
behandelt wird, lautet: Welche Einsichten lassen sich aus der polyglotten Sprach-
praxis in Habsburg Zentraleuropa angesichts neuer Diversitätserfahrungen für
das gegenwärtige Europa gewinnen und wie könnte von daher gesellschaftliche
Integration neu gedacht werden?
SPRACHENBABEL ODER VIELSPRACHIGER STAAT
Habsburg Zentraleuropa war die historische „Versuchsstation“ (Robert Musil) ei-
nes mehr- bzw. vielsprachigen Staates, wie er heute u.a. in Indonesien, Südafrika
und Indien existiert. Dieser Staat, das Kaiserthum Oesterreich (bzw. ab 1867 die
im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder) war ein Verfassungsstaat, der
dem 1848/49 vom Reichstag in Kremsier erarbeiteten Grundsatz der Gleichbe-
rechtigung aller im Reiche vereinigten Nationalitäten Rechnung trug. Zwischen
1849 und 1852 sowie 1870 und 1918 wurden Gesetze, kaiserliche Patente und
Verordnungen in sämtlichen staatlich anerkannten Landessprachen kundge-
macht.9 Das Allgemeine Reichs-Gesetz- und Regierungsblatte für das Kaiserthum
Oesterreich erschien in zehn Ausgaben, „1. in deutscher Sprache, 2. in italieni-
scher, 3. in magyarischer, 4. in böhmischer (zugleich mährischer und slovakischer
Schriftsprache), 5. in polnischer, 6. in ruthenischer, 7. in slovenischer (zugleich
windischer und krainerischer Schriftsprache), 8. in serbisch-illyrischer Sprache
mit serbischer Civil-Schrift, 9. in serbisch-illyrischer (zugleich croatischer) Spra-
che mit lateinischen Lettern, 10. in romanischer (moldauisch-wallachischer) Spra-
che“.10 Die in die Landessprachen übersetzten Rechtstexte waren gleich authen-
8 Der Begriff Habsburg Zentraleuropa wird in diesem Beitrag verwendet in Anlehnung
an Johannes Feichtinger, „Stichwort Habsburg Zentraleuropa. Ein kulturwissenschaft-
liches Untersuchungsfeld“, in: Johannes Feichtinger, Heidemarie Uhl (Hg.), Habsburg
neu denken. Vielfalt und Ambivalenz in Zentraleuropa. 30 kulturwissenschaftliche
Stichworte, Wien/Köln/Weimar 2016, S. 9-18.
9 Vgl. Josef Pauser, „Die österreichischen gesamtstaatlichen Gesetzblätter 1849–1940“,
in: Alex Historische Rechts- und Gesetztestexte Online http://alex.onb.ac.at/rgb_info.htm
10 Vgl. „Einleitung zu dem allgemeinen Reichs-Gesetz- und Regierungsblatte für das Kai-
serthum Oesterreich“, in: Alex Historische Rechts- und Gesetztestexte Online, S.6.
http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=rgb&datum=1849,
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen