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202 | Martin Sauerbrey
bahn erbaut und verlief von Zeltweg im Norden bis Celje/Cilli im Süden. Der ge-
zeigte Abschnitt diente vor allem der Erschließung der Kohlegruben von Ve-
lenje/Wöllan und wurde 1891 fertiggestellt.17
Die Karte der Kunstanstalt Karl Schwidernoch in Abb. 2 zeigt den Wasserfall
in der Erzherzog-Johann-Grotte, der heutigen Huda Luknja, die Eisenbahnbrücke,
die die Schlucht vor der Grotte überquert und das auf der gegenüberliegenden
Seite der Schlucht aufgestellte Erzherzog-Johann-Denkmal. Alle drei Bilder zei-
gen Elemente der Moderne, die auch in diese eher abgelegene Region Einzug ge-
halten hat. So wurde die Grotte touristisch erschlossen und die Abbildung zeigt
auch zwei Touristen – in Tracht gekleidet –, die auf einer Holzbrücke den Was-
serfall in der Grotte bestaunen. Damit rückt auch indirekt der Tourismus in den
Fokus, der nun, da die Eisenbahn schnelle Ortsveränderungen zulässt, immer stär-
ker in der Region Einzug hält.18 Möglich wurde dies jedoch erst durch die nötige
Infrastruktur, auf die das Denkmal gegenüber verweist:
„Der Grotte gegenüber steht, geschützt durch das natürliche Dach eines überhängenden Fel-
sens, ein Denkmal der Dankbarkeit für den erhabenen Beförderer alles Guten und Nützli-
chen in der Steiermark, den Erzherzog Johann, das zweite dieser Art, welchem wir im Cil-
lier-Kreis begegnen. Ein Steinmonument umschließt nämlich das, nach einer Original-
Zeichnung des braven Malers, Johann Wachtel, in Bronze gearbeitete Bildniss des allge-
liebten Prinzen. Am 24. Juni 1830 fand die feierliche Enthüllung unter allgemeinem Jubel
statt.“19
Errichtet wurde das Denkmal als Dank für die neu angelegte Straße, die nun Ve-
lenje/Wöllan und Mislinja/Missling durch die enge Schlucht verband. Das Haupt-
bild der lithographischen Mehrbildpostkarte zeigt den Eingang zur Erzherzog-Jo-
hann-Grotte mit projektierter, d. h. geplanter Bahnbrücke, wobei die Bahnbrücke
– ganz im Sinne der Zeit – als moderne Stahlkonstruktion dargestellt wurde, ob-
wohl die Strecke zu diesem Zeitpunkt noch nicht gebaut war. Der obligate Zug
mit rauchender Dampflok fährt gerade über die Brücke, die zwei Tunnel – die
auch eine große technische Leistung darstellten – miteinander verbindet.
17 Alenka Pečar, Oživljanje opuščenih želežnih prog na primeru opuščene železniške
proge Hrpelje-Kozina-Trst, Diplomsko delo, Ljubljana 2008, S. 15-18.
18 Die Kurorte Rogaška Slatina/Rohitsch-Sauerbrunn und Rimske Toplice/Römerbad er-
leben regen Zulauf, die Logarjeva dolina/das Logartal und die das Tal abschließenden
Gipfel in den Steiner- und Sann-Alpen werden zum beliebten Motiv.
19 Johann Gabriel Seidl, Wanderungen durch Tyrol und Steiermark, Bd. 2, Leipzig 1841,
S. 75.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen