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204 | Martin Sauerbrey
SCHLOTE
Obwohl die Untersteiermark im Vergleich mit der stark von Bergbau und Schwer-
industrie dominerten Obersteiermark immer noch primär agrarisch geprägt war,
kam es auch hier immer stärker zur Ansiedelung von Fabriken und Industrie. Es
entstanden Tonwaren- und Zementfabriken, Glaswerke und Steingutfabriken und
es gab einige Bergbauunternehmen. In Trbovlje/Trifail, Hrastnik/Hrastnigg und
Velenje/Wöllan wurde Bergbau betrieben; große Industriebetriebe gab es nur ver-
einzelte wie die Südbahnwerkstätten in Maribor/Marburg, die Österreichischen
Stickstoffwerke in Ruše/Maria Rast oder das Stahlwerk in Štore/Store.21 So wie
die Eisenbahn wurden die großen Fabrikanlagen, die zugehörigen Arbeitersied-
lungen und die rauchenden Fabriksschlote als Zeichen des Fortschritts wahrge-
nommen und auch voller Stolz präsentiert. Es war im Interesse der Unternehmen
und der Orte, in denen diese angesiedelt waren, zu zeigen, wie modern, aufge-
räumt, ordentlich, produktiv und erfolgreich sie waren. Postkarten boten hier ein
perfektes Medium der Selbstinszenierung nach innen wie nach außen, präsentier-
ten die Fabrik, das Unternehmen oder den Ort einem größeren Publikum.22 Und
das Publikum kaufte und verschickte diese Postkarten durchaus auch. So auch jene
in Abb 4., die den Bergbauort Trbovlje/Trifail zeigt.
Im Vordergrund dominiert eine Fabrik das Bild, deren Schornstein eine Wolke
schwarzen Rauchs ausstößt, dahinter sieht man die in Reih und Glied erbauten
Unterkünfte für die Arbeiter und deren Familien. Die Landschaft steht hier gänz-
lich im Schatten des wuchtigen industriellen Fortschritts und der angebrochenen
Moderne. In Zeiten des Klimawandels und eines wachsenden ökologischen Be-
wusstseins mag ein solches Motiv verstörend wirken, versucht man doch heute,
das Vorhandensein von Schwerindustrie auf Fotos so gut es geht zu kaschieren.23
Für die Menschen damals waren diese Motive durchaus attraktiv, und Karten mit
Abbildungen von Industrieanlagen gibt es aus vielen Orten der Untersteiermark.
21 Karner, Steiermark, S. 55-58.
22 Jens Jäger, Fotographie und Geschichte, Frankfurt/New York 2009, S. 113-120.
23 Der heutige Internetauftritt der Gemeinde Trbovlje zum Vergleich: https://
www.trbovlje.si/galerije/trbovlje/3 (21.12.2019).
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen