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216 | Martin Sauerbrey
Ein lokaler Fotograf war offenbar unmittelbar nach dem Unglück bereits vor Ort
und konnte die Szenerie festhalten. Doch nicht nur das: Das Ereignis schien ihm
offenbar so wichtig, dass er aus der angefertigten Fotografie auch gleich eine Fo-
topostkarte machte.38 Die Marburger Zeitung berichtet weiters über die entstehen-
den Behinderungen auf der Südbahn, die jedoch umsichtig behoben wurden, was
den Wartenden – darunter auch der steirische Statthalter Graf Manfred von Clary
und Aldringen – eine baldige Weiterreise ermöglichte.
In derselben Ausgabe der Marburger Zeitung findet sich noch ein Hinweis
darauf, dass das Reisen mit modernen Fortbewegungsmitteln nicht immer rei-
bungslos verlief, da sich am gleichen Tag ein weiterer Unfall in Laški trg/Tüffer
ereignete:
„Zum Eisenbahnunfall in der Station Tüffer wird mitgeteilt, daß der Maschinführer [sic]
gänzlich unverletzt blieb und daß der Heizer, der zwischen Maschine und Tender einge-
klemmt war, keine schweren Verletzungen erlitt. Das Gerücht, dass er gestorben sei, be-
wahrheitete sich glücklicherweise nicht. Er befindet sich im Cillier Krankenhause.“39
Die journalistische Berichterstattung über diese Zugunglücke zeigen zu guter
Letzt aber doch auch noch eine weitere Segnung der neuen modernen Zeiten: Alle
Verletzten wurden in den Krankenhäusern von Celje/Cilli und Maribor/Marburg
versorgt – es wurde ihnen also eine moderne Gesundheitsversorgung zu teil, die
es wenige Jahrzehnte zuvor in dieser Form nicht gegeben hätte.
Unglück geschah im Gemeindegebiet von St. Egydi; als Walters Leiche über die Bö-
schung hinabstürzte, kam sie ins Gemeindegebiet Jaring und heute früh wurde sie nach
Marburg überführt. Nun will der Pfarrer von St. Egydi die Leiche einsegnen, weil dort
das Unglück geschah; der Pfarrer von Jaring will sie ebenfalls einsegnen, weil der Tote
auf Jaringer Gebiete gefunden wurde und die Marburger Franziskaner sagen ihrerseits,
dass sie die Leiche einsegnen wollen, weil sie sich in Marburg befindet. […] Zur Stunde
sind diese Kompetenzstreitigkeiten noch nicht entschieden.“
38 Darstellungen von Katastrophen bildeten ein eigenes Genre und waren durchaus üblich,
vgl. Tropper, Format Postkarte, S.38.
39 Marburger Zeitung vom 11. Mai 1909, Nr. 56 1909, S. 4.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen