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220 | Barbara Porod
ben gewesen wäre. Vielmehr lässt sich über unterschiedliche Quellen nachvoll-
ziehen, wie die Vorstellungen von einer ‚steirischen Tracht‘ erst nach und nach
geformt und normiert worden sind, wobei bis 1918 auch die Frage nach den Volks-
trachten der ‚Deutschen‘ bzw. der ‚Slowenen‘ in der Steiermark eine zentrale
Rolle spielte.
Im Zeitraum zwischen 1885 und 1920 erschienen zwei durchaus aussagekräf-
tige Texte zur ‚steirischen Tracht“, die an dieser Stelle exemplarisch besprochen
werden sollen, nämlich Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und
Bild. Steiermark, herausgegeben in Wien 1890, und die 6. Flugschrift des Vereins
für Heimatschutz mit dem Titel Was ziehe ich nach dem Kriege an? von Georg
Gaß, 1918 in Graz publiziert. Die beiden Texte bilden eine zeitliche und inhaltli-
che Klammer in der Bewertung des Tragens von ‚Tracht‘ in der Steiermark in den
letzten Jahrzehnten vor der Auflösung der Habsburgermonarchie.
Im 1890 erschienenen sog. Kronprinzenwerk werden unter der Rubrik Zur
Volkskunde Volksleben, Sitten, Sagen, Volkslied, Volksschauspiel, Dialekt und
Dialektdichtung der ‚Deutschen‘ auf den Seiten 139 bis 2083 untersucht, Volksle-
ben, Sitten, Sagen und die Sprache der ‚Slovenen‘ folgen auf den Seiten 208 bis
2384. Hier wurde nicht nur bereits in der Konzeption eine Teilung entlang der
Sprachgrenze vorgenommen, sondern auch in der Ausführung den beiden Ab-
schnitten eine unterschiedliche Gewichtung zugewiesen.
Nach Johann Krainz, der den Abschnitt über die Volkstrachten der ‚Deut-
schen‘ verfasste, sei die traditionelle Kleidung der Männer, abgestimmt auf die
Witterungsverhältnisse und unter Benutzung der verfügbaren Ressourcen, jene
Kleidung, die auch das Kleid des Hochgebirgsjägers5 sei. Früher jedoch, bevor
die Mode das Steirergwand verdrängte, sei es „die Tracht des Volkes“6 gewesen.
Als typisch für die Kleidung der Männer beschreibt er den dunkelgrünen Hut mit
breitem Band, eine graue, grün ausgeschlagene Jacke, die den Blick auf Hosenträ-
ger und einen roten Brustlatz freigibt, eine lederne Kniehose, graue oder grüne
Stutzen und hohe Bundschuhe. Dazu könne ein buntes Halstuch oder ein mit Nie-
ten oder Stickerei verzierter Gürtel getragen werden, und wetterabhängig ein Wet-
termantel.7
3 Johann Krainz, „Volksleben, Sitten und Sagen der Deutschen“, in: Die österreichisch-
ungarische Monarchie in Wort und Bild, Bd. 7. Steiermark, Wien 1890.
4 Franc Hubad, „Volksleben, Sitten und Sagen der Slovenen“, in: Die österreichisch-un-
garische Monarchie in Wort und Bild, Bd. 7. Steiermark, Wien 1890.
5 Krainz, „Volksleben, Sitten und Sagen der Deutschen“, S. 150.
6 Ebda. Auf die topische Dichotomie von Mode und Tracht und die daraus folgende mo-
ralische Bewertung kann hier nicht eingegangen werden.
7 Eine Art Poncho aus Loden, mit einfacher Halsöffnung, ein sog. Wetterfleck.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen