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224 | Barbara Porod
ausgehend von den Wittelsbachern.20 Diese wurde aber auch von anderen Herr-
schaftshäusern gepflegt und konnte durchaus eklektischen Charakter haben, wie
etwa beim „Bürgerball“ anlässlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums des Fürs-
ten Adolph Georg zu Schaumburg-Lippe in Bückeburg 1882, wo zu Richard Wag-
ners Hochzeitsmarsch aus der romantischen Oper Lohengrin eine als Ceres ver-
kleidete junge Frau einem bäuerlichen Hochzeitszug in trachtlicher Verkleidung
voranschritt.21
Die 6. Flugschrift des Vereines für Heimatschutz in Steiermark aus dem Jahr
1918 mit dem Titel Was ziehe ich nach dem Kriege an? (vgl. Abb. 2) zeigt indirekt
ein ähnliches Bild, wenn der Verfasser Georg Gaß in pointierten Hyperbeln die
Möglichkeiten und Grenzen des Tragens von (Männer-) ‚Tracht‘ umreißt: Üblich
sei das Tragen für Statthalter, Gerichtsvorsitzende und Bezirkshauptleute, Ge-
lehrte, Künstler, Rechtsanwälte und Ärzte, Bürger, Beamte, auch Lehrer, Schüler
und Arbeiterführer werden als Beispiele genannt, ebenso Aristokraten, die als
Waidmänner am ‚Steireranzug‘ festhielten. Völlig undenkbar hingegen sei das
Tragen des ‚Steirerg'wandes‘ 1918 offenbar bei Begräbnissen, das Tragen von Le-
derhosen bei bürgerlichen geselligen Veranstaltungen, und auch das Tragen der
‚Dirndltracht‘ weil sie als spezielle Kleidung für die Sommerfrische zu sehr der
privaten Sphäre der Freizeitgestaltung zuzurechnen war.22 Gaß versicherte aber
auch, dass Damen selbstverständlich auch weiterhin bei festlichen Anlässen (in-
ternationale) Mode tragen dürften. Für die Herren empfahl Gaß „abgetönte Trach-
tenmerkmale am weltläufigen Herrenanzug“23.
S. 65-90 oder die „walisische Tracht“ von Augusta Hall, Baroness Llanover, siehe: Pat
Hudson, „Industry, Working Lives, Nation and Empire, viewed through some key
Welsh woolen objects”, in: John H. Arnold, Matthew Hilton, Jan Rüger (Hg.), History
after Hobsbawm. Writing the Past for the Twenty-First Century, Oxford 2017, S. 180-
181.
20 Jennifer Hoyer, Die Tracht der Fürstin. Maria Anna zu Schaumburg-Lippe und die ade-
lige Trachtbegeisterung um 1900, Münster 2016, S. 129-130.
21 Hoyer, Die Tracht der Fürstin, S. 73-75.
22 Georg Gaß, Was ziehe ich nach dem Kriege an?, 6. Flugschrift des Vereins für Heimat-
schutz, Graz 1918, S. 7–8.
23 Gaß, Was ziehe ich nach dem Kriege an?, S. 9. Dies ist zugleich der erste Hinweis auf
den „steirischen Weg“ in der Trachterneuerung: Innerhalb vorgegebener Regeln
‚Tracht‘ dem Zeitgeschmack anzupassen, und sie damit im Alltag tragbar zu machen.
Diese Regeln werden bis heute vom Steirischen Heimatwerk vorgegeben und nehmen
im Wesentlichen Bezug auf das Steirische Trachtenbuch von Mautner und Geramb,
wobei neu aufgefundene bildliche und physische Quellen einbezogen werden können.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen